Nachlass Emilie und Rudolf Mosse
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Nachlass Emilie und Rudolf Mosse
Nachlass Emilie und Rudolf Mosse
Vorwort
E Rep. 061-16 Nachlass Emilie und Rudolf Mosse
I. Biographie
Rudolf Mosse wurde am 9. Mai 1843 in Grätz (Posen) geboren. Nach der Schulzeit ging er 1861 für eine Buchhandelslehre nach Berlin, wo er zunächst im Verlag des"Kladderadatsc" mitarbeitete. Wenig später übernahm er in Leipzig die Geschäftsleitung des"Telegraphe" und wirkte außerdem so erfolgreich in der Anzeigenaquisition der"Gartenlaub", dass man ihm eine Teilhaberschaft anbot.
Mosse schlug das Angebot jedoch aus und zog 1866 wieder nach Berlin, wo er 1867 die"Annoncen-Expedition Rudolf Moss" gründete. Obwohl dieses erste Geschäft bankrott ging, gelang 1870/71 ein zweiter Versuch. Mosse gründete ergänzend dazu 1872 seine erste Zeitung, das"Berliner Tageblat", mit bedeutendem Inseratenteil. Er pachtete außerdem Inseratenteile von anderen Zeitungen und Zeitschriften, um sie ausschließlich mit Inseraten seiner Vermittlung zu bestücken. Mosse baute sein Unternehmen durch die Gründung eines Verlags aus; 1889 gründete er gemeinsam mit Emil Cohn die"Berliner Morgenpos" und übernahm 1904 die"Berliner Volkszeitun".
Der erfolgreiche Verleger konnte mit seinen Unternehmen ein bedeutendes Vermögen erwerben. Vor Beginn des Ersten Weltkriegs galt Mosse als Berlins größter Steuerzahler.
Rudolf Mosse war eine gesellschaftlich außerordentlich stark engagierte Persönlichkeit. Er wirkte in zahlreichen Ausschüssen, Vereinen und Gremien mit. Gemeinsam mit seiner Frau betätigte er sich an gemeinnützigen Projekten. Ein besonderer Ort des gesellschaftlichen Austauschs wurde sein Schloss, das er auf seinem 1896 erworbenen brandenburgischen Gut Schenkendorf hatte errichten lassen. Käufe moderner Kunst begründeten am Ende seines Lebens eine bedeutende Sammlung.
Rudolf Mosse starb am 8. September 1920 auf seinem Gut in Schenkendorf. Sein Schwiegersohn Hans Lachmann, den die Adoptivtochter Felicia 1911 geheiratet hatte, übernahm die Leitung des Medienkonzerns.
Emilie Mosse
Emilie Löwenstein wurde am 23.12.1851 in Trier als Tochter von Benjamin und Helene Löwenstein geboren. 1874 heiratete sie Rudolf Mosse, mit dem sie 1885 das neu erbaute Palais am Leipziger Platz bezog.
Mit dem Erfolg des Familienunternehmens und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten wuchs Emilie in die Rolle einer Mäzenatin, Verlegerin, Salonniere und Kunstförderin hinein. Sie inspirierte und lenkte die Spendentätigkeit ihres Mannes auf sozial-pädagogische Felder, beispielsweise mit der Stiftung des Waisenhauses in Berlin Schmargendorf, der Einrichtung von Lehrlingswohnheimen und zahlreichen Einzelspenden für Kinderheime und Bildungseinrichtungen, an deren Verwaltung sie teil hatte. Im Verlag Mosse beteiligte sie sich an der Auswahl der zu veröffentlichenden Belletristik, insbesondere in der preiswerten Kronenbücherei, die später zum Vorbild der rororo Bände wurde.
1884 gründete sie mit anderen Frauen, darunter die Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Anna Plothow den Verein „Mädchenhort“ zur Unterstützung berufstätiger Mütter. Zunächst 33 Mädchen wurden hier nach der Schule von zwei Lehrerinnen bei Hausaufgaben und Handarbeiten beaufsichtigt. Die Zahl der Anmeldungen stieg und so wurden rasch weitere Horte eingerichtet. Die städtischen Zuschüsse ergänzte Emilie durch eigene Mittel, Spenden befreundeter Damen der Gesellschaft und Eintrittsgelder für Vorträge, zu denen sie beispielsweise den Musikwissenschaftler Einstein bat.
1909 übernahm sie den Vorsitz des Vereins und wurde 1909 von Kaiser Wilhelm II. für ihr karitatives Engagement mit dem selten verliehenen Wilhelm-Orden geehrt.
1888 wurde Felicia, die Tochter aus der Beziehung von Rudolf Mosse mit einer Hausangestellten namens Erna Marx geboren, die das Paar 1893 bei sich aufnahm, und die fortan den Nachnamen Mosse trug. 1919 adoptierte Emilie Mosse Felicia, ein damals durchaus ungewöhnlicher und mutiger Schritt.
Emilie Mosse starb am 12.10.1924 in Berlin.
(zu Emilie Mosse s. https://www.mossestrasse.de/personen/emilie-mosse/, 19.04.2023)
II. Bestandsgeschichte
Die Schriftstücke, die Teil eines Depots der Archivverwaltung in Krakau im Sächsischen Hauptstaatsarchiv waren, wurden Anfang 1946 aus Dresden in die Obhut des Stadtarchivs Berlin gegeben.
Eine Bearbeitung und erste Verzeichnung der Dokumente erfolgte 2005/2006. Bei einer Revision in 2022 aufgefundene bisher unverzeichnete Dokumente wurden ergänzt.
Im Sommer 2022 konnte das Landesarchiv Berlin die Unterlagen mit finanzieller Unterstützung u.a. der Kulturstiftung der Länder, von den Erben in den USA erwerben.
Insgesamt umfasst der Bestand 806 AE (1,05 lfm, ca. 3600 Einzeldokumente). Seine Laufzeit reicht von 1865 - 1925.
Der Bestand ist wie folgt zu zitieren: Landesarchiv Berlin, E Rep. 061-16, Nr. ...
III. Literaturauswahl
Zeitungen für die Demokratie. Der Verleger Rudolf Mosse und sein Chefredakteur Theodor Wolff. In: Berliner Profile, hrsg. von Hermann Haarmann, Berlin 1993, S. 141-160.
Kraus, Elisabeth: Die Familie Mosse - Deutsch-jüdisches Bürgertum im 19. und 20. Jahrhundert, München 1999.
Zum Mosse-Palais s. den Artikel aus der Berlinischen Monatsschrift, H. 6/99 unter https://berlingeschichte.de/bms/bmstxt99/9906gesb.htm
sowie allgemein zur Mosse-Famlie die Seiten https://mossestrasse.de/
Berlin, im Juni 2006 / April 2023 Annette Thomas / Dr. Susanne Knoblich
I. Biographie
Rudolf Mosse wurde am 9. Mai 1843 in Grätz (Posen) geboren. Nach der Schulzeit ging er 1861 für eine Buchhandelslehre nach Berlin, wo er zunächst im Verlag des"Kladderadatsc" mitarbeitete. Wenig später übernahm er in Leipzig die Geschäftsleitung des"Telegraphe" und wirkte außerdem so erfolgreich in der Anzeigenaquisition der"Gartenlaub", dass man ihm eine Teilhaberschaft anbot.
Mosse schlug das Angebot jedoch aus und zog 1866 wieder nach Berlin, wo er 1867 die"Annoncen-Expedition Rudolf Moss" gründete. Obwohl dieses erste Geschäft bankrott ging, gelang 1870/71 ein zweiter Versuch. Mosse gründete ergänzend dazu 1872 seine erste Zeitung, das"Berliner Tageblat", mit bedeutendem Inseratenteil. Er pachtete außerdem Inseratenteile von anderen Zeitungen und Zeitschriften, um sie ausschließlich mit Inseraten seiner Vermittlung zu bestücken. Mosse baute sein Unternehmen durch die Gründung eines Verlags aus; 1889 gründete er gemeinsam mit Emil Cohn die"Berliner Morgenpos" und übernahm 1904 die"Berliner Volkszeitun".
Der erfolgreiche Verleger konnte mit seinen Unternehmen ein bedeutendes Vermögen erwerben. Vor Beginn des Ersten Weltkriegs galt Mosse als Berlins größter Steuerzahler.
Rudolf Mosse war eine gesellschaftlich außerordentlich stark engagierte Persönlichkeit. Er wirkte in zahlreichen Ausschüssen, Vereinen und Gremien mit. Gemeinsam mit seiner Frau betätigte er sich an gemeinnützigen Projekten. Ein besonderer Ort des gesellschaftlichen Austauschs wurde sein Schloss, das er auf seinem 1896 erworbenen brandenburgischen Gut Schenkendorf hatte errichten lassen. Käufe moderner Kunst begründeten am Ende seines Lebens eine bedeutende Sammlung.
Rudolf Mosse starb am 8. September 1920 auf seinem Gut in Schenkendorf. Sein Schwiegersohn Hans Lachmann, den die Adoptivtochter Felicia 1911 geheiratet hatte, übernahm die Leitung des Medienkonzerns.
Emilie Mosse
Emilie Löwenstein wurde am 23.12.1851 in Trier als Tochter von Benjamin und Helene Löwenstein geboren. 1874 heiratete sie Rudolf Mosse, mit dem sie 1885 das neu erbaute Palais am Leipziger Platz bezog.
Mit dem Erfolg des Familienunternehmens und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten wuchs Emilie in die Rolle einer Mäzenatin, Verlegerin, Salonniere und Kunstförderin hinein. Sie inspirierte und lenkte die Spendentätigkeit ihres Mannes auf sozial-pädagogische Felder, beispielsweise mit der Stiftung des Waisenhauses in Berlin Schmargendorf, der Einrichtung von Lehrlingswohnheimen und zahlreichen Einzelspenden für Kinderheime und Bildungseinrichtungen, an deren Verwaltung sie teil hatte. Im Verlag Mosse beteiligte sie sich an der Auswahl der zu veröffentlichenden Belletristik, insbesondere in der preiswerten Kronenbücherei, die später zum Vorbild der rororo Bände wurde.
1884 gründete sie mit anderen Frauen, darunter die Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Anna Plothow den Verein „Mädchenhort“ zur Unterstützung berufstätiger Mütter. Zunächst 33 Mädchen wurden hier nach der Schule von zwei Lehrerinnen bei Hausaufgaben und Handarbeiten beaufsichtigt. Die Zahl der Anmeldungen stieg und so wurden rasch weitere Horte eingerichtet. Die städtischen Zuschüsse ergänzte Emilie durch eigene Mittel, Spenden befreundeter Damen der Gesellschaft und Eintrittsgelder für Vorträge, zu denen sie beispielsweise den Musikwissenschaftler Einstein bat.
1909 übernahm sie den Vorsitz des Vereins und wurde 1909 von Kaiser Wilhelm II. für ihr karitatives Engagement mit dem selten verliehenen Wilhelm-Orden geehrt.
1888 wurde Felicia, die Tochter aus der Beziehung von Rudolf Mosse mit einer Hausangestellten namens Erna Marx geboren, die das Paar 1893 bei sich aufnahm, und die fortan den Nachnamen Mosse trug. 1919 adoptierte Emilie Mosse Felicia, ein damals durchaus ungewöhnlicher und mutiger Schritt.
Emilie Mosse starb am 12.10.1924 in Berlin.
(zu Emilie Mosse s. https://www.mossestrasse.de/personen/emilie-mosse/, 19.04.2023)
II. Bestandsgeschichte
Die Schriftstücke, die Teil eines Depots der Archivverwaltung in Krakau im Sächsischen Hauptstaatsarchiv waren, wurden Anfang 1946 aus Dresden in die Obhut des Stadtarchivs Berlin gegeben.
Eine Bearbeitung und erste Verzeichnung der Dokumente erfolgte 2005/2006. Bei einer Revision in 2022 aufgefundene bisher unverzeichnete Dokumente wurden ergänzt.
Im Sommer 2022 konnte das Landesarchiv Berlin die Unterlagen mit finanzieller Unterstützung u.a. der Kulturstiftung der Länder, von den Erben in den USA erwerben.
Insgesamt umfasst der Bestand 806 AE (1,05 lfm, ca. 3600 Einzeldokumente). Seine Laufzeit reicht von 1865 - 1925.
Der Bestand ist wie folgt zu zitieren: Landesarchiv Berlin, E Rep. 061-16, Nr. ...
III. Literaturauswahl
Zeitungen für die Demokratie. Der Verleger Rudolf Mosse und sein Chefredakteur Theodor Wolff. In: Berliner Profile, hrsg. von Hermann Haarmann, Berlin 1993, S. 141-160.
Kraus, Elisabeth: Die Familie Mosse - Deutsch-jüdisches Bürgertum im 19. und 20. Jahrhundert, München 1999.
Zum Mosse-Palais s. den Artikel aus der Berlinischen Monatsschrift, H. 6/99 unter https://berlingeschichte.de/bms/bmstxt99/9906gesb.htm
sowie allgemein zur Mosse-Famlie die Seiten https://mossestrasse.de/
Berlin, im Juni 2006 / April 2023 Annette Thomas / Dr. Susanne Knoblich