"Vorwort\n\nA Rep. 342-02 Amtsgericht Charlottenburg - Handelsregister

1. Behördengeschichte

Im Bereich des Kammergerichts Berlin waren zum 1. Oktober 1879 die Amtsgerichte als unterste Gerichtsbehörde gebildet worden. Sie gingen aus den gleichzeitig aufgelösten Kreisgerichten oder den Gerichtsdeputationen und -kommissionen hervor und übernahmen einzelrichterliche Geschäfte. Das Amtsgericht Charlottenburg ging 1879 aus der Kreisgerichtsdeputation Charlottenburg des Kreisgerichts Berlin hervor.
Der Aufschwung, den die Stadtgemeinde Charlottenburg Ende des 19. Jahrhunderts nahm, wirkte sich auch auf den Zuwachs des gerichtlichen Geschäftsverkehrs aus. Von 1895 bis 1898 entstand ein neues Dienstgebäude für die Zivilabteilungen des Amtsgerichts am heutigen Amtsgerichtsplatz in Charlottenburg. Die vier Strafabteilungen waren in der Kantstraße 79 untergebracht.
Der Amtsgerichtsbezirk umfasste neben dem Stadtkreis Charlottenburg den größten Teil des Amtsbezirks Spandauer Forst sowie die Amtsbezirke Grunewald und Spandauer Berg.
Im Zusammenhang mit der Bildung von Groß-Berlin 1920 wurde das Amtsgericht Charlottenburg Teil der Justizorganisation in der Einheitsgemeinde Groß-Berlin.
Das Amtsgericht unterstand von 1879 bis 1906 der Aufsicht des Landgerichts Berlin II, von 1906 bis 1933 der des Landgerichts Berlin III. 1933 - 1945 führte die Dienstaufsicht das Landgericht Berlin. Das Registergericht des Amtsgerichts Berlin, welches bis 1933 das zentrale Registergericht in Berlin war, zog 1933 von der Neuen Friedrichstraße in das Gebäude am Tegeler Weg und 1935 weiter in die Gerichtsstraße im Bezirk Wedding.

Bereits am 25. Mai 1945 begannen die Amtsgerichte in Berlin wieder mit der Rechtsprechung. Neben den zentralen Aufgaben wie privatrechtliche Streitigkeiten und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Vormundschafts- und Betreuungssachen, Nachlasssachen, Grundbuchangelegenheiten, Wohnungseigentumsstreitigkeiten) hatte das Amtsgericht Charlottenburg seit 1949 für Berlin (West) besondere Zuständigkeiten inne. So war es bis zur Wiedervereinigung 1990 das alleinige Familiengericht der Stadt und hatte darüber hinaus die Funktion eines zentralen Registergerichts für die Bereiche Handelsregister, Vereinsregister und Genossenschaftsregister. Zudem oblag ihm der besondere Bereich Schiedsmannssachen.
Mit der Teilung der Stadt Berlin kam es 1949 auch in der Registerführung des Amtsgerichts zu einer Zweiteilung. So nahm neben dem Amtsgericht Charlottenburg für Berlin (West) das Amtsgericht Berlin-Mitte für den Ostteil der Stadt die Zuständigkeit für das Handelsregister wahr. Später lag die Zuständigkeit in Berlin (Ost) beim Staatlichen Vertragsgericht Berlin.
Ab 1990 übernahm das Amtsgericht Charlottenburg hinsichtlich des Handelsregisters wieder die Zuständigkeit für die gesamte Stadt Berlin.

2. Bestandsgeschichte

Handelsregister wurden seit 1861 auf der Grundlage des Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches angelegt und in Preußen bei den Amtsgerichten geführt.
Das Handelsregister (HR) besteht aus zwei Abteilungen, Abteilung A (Einzelunternehmen, Personengesellschaften und rechtsfähige wirtschaftliche Vereine) und Abteilung B (Kapitalgesellschaften), welche mit HRA bzw. HRB abgekürzt werden. Jede Firma erhält eine HR-Nummer.
Handelsregister sind öffentliche Verzeichnisse; sie wurden und werden publiziert (vgl. Pkt. 4).

Die Register sind traditionell als Kartei angelegt; das Berliner Handelsregister wird seit Oktober 2005 jedoch auch elektronisch geführt.
Das alte Berliner (Kartei-)Register selbst muss weitgehend als Kriegsverlust gelten.
Zu jeder im Handelsregister eingetragenen Firma werden Akten angelegt.
Diese Akten enthalten in der Regel detaillierte Mindestangaben über
o Name der Firma
o Gegenstand des Unternehmens
o Rechtsform des Unternehmens
o Grund- oder Stammkapital
o Gründung und Auflösung eines Unternehmens (Eintrag und Löschung aus dem Handelsregister)
o Eigentümer (Gesellschaftsvertrag o. ä., immer notariell dokumentiert)
o Firmensitze, Zweigniederlassungen (Briefköpfe, Absender, Anschriften)
o Leitende Mitarbeiter, vertretungsberechtigten Personen (Geschäftsführer, Prokuristen)
o Bilanzen (Geschäftsergebnisse)
o ggf. Zertifikate der Handelskammer

Schreiben die Aufbewahrungsbestimmungen der Justizverwaltung für das Register selbst eine\"dauernde Aufbewahrun\" vor, liegt die Aufbewahrungsfrist für die entsprechenden HR-Akten derzeit bei 10 Jahren nach Löschung der Firma aus dem Register. Auch für die zum Handelsregister einzureichenden Jahresabschlüsse und andere Unterlagen der Rechnungslegung besteht lediglich eine 10-Jahres-Frist zur Aufbewahrung.
Nach Ablauf dieser Fristen entscheidet das Landesarchiv Berlin im Benehmen mit dem Amtsgericht Charlottenburg über eine Archivwürdigkeit der Akten und damit über eine dauernde Aufbewahrung in Obhut des Landesarchivs.
Aufgrund der außerordentlichen Bedeutung, die die HR-Akten für die wirtschafts- und sozialgeschichtliche Forschung, aber auch für die Klärung vermögensrechtlicher und wiedergutmachungsrechtlicher Ansprüche haben, hat sich das Landesarchiv Berlin zu einer umfangreichen Übernahme für HR-Akten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entschlossen.

Erste Abgaben von Akten aus dem Amtsgericht Charlottenburg in das Landesarchiv Berlin erfolgten in den 1950er Jahren, danach kontinuierlich entsprechend der Löschungsfristen. Diese Übernahmen wurden in die damalige Repositur Rep. 42 Amtsgericht Charlottenburg, nach Accessionsnummer, eingearbeitet.
1998, als über die Archivwürdigkeit der Löschungsjahrgänge 1949 bis 1989 beraten wurde, bekundete das Landesarchiv sein Interesse an kompletten Übernahmen von HR-Akten ganzer Registerjahrgänge, z. B. 1927-1933, um Quellen zu sichern, die den Status von Firmen vor der NS-Zeit dokumentieren (z. B. Banken, Konfektionshäuser, Filmproduktions- und Filmvertriebsfirmen, Firmen, die sich der Herstellung oder des Vertriebs moderner Techniken widmeten, Hotels und Restaurants).
Zeitgleich begann eine Projektgruppe der Jewish Claims Conference Berlin die HR-Akten vor Ort im Amtsgericht Charlottenburg zu sichten und zu erfassen. Ziel dieser Arbeiten war die Ermittlung von Firmen ehemals jüdischer Eigentümer, deren Unternehmen während der NS-Zeit liquidiert oder\"arisier\" wurden. Dabei wurde festgestellt: Die Bestände der Abteilung A mit den Löschjahren 1950 - 1952 waren zu einem Großteil dieser Jahrgänge bereits vernichtet. Innerhalb der Abteilung B waren die Löschjahrgänge 1950 - 1956 bereits kassiert worden. Die von der Projektgruppe ausgewählten Akten wurden von in den Jahren 2001 bis 2004 im Umfang von mehreren zehntausend Akten in Chargen an das Landesarchiv Berlin übergeben. Die Akten sind im Rahmen von berufsbegleitenden Praktika von verschiedenen Zeitkräften im Landesarchiv Berlin in die Archivdatenbank Augias eingegeben worden, was die unterschiedliche Verzeichnungstiefe erklärt. In einem zweiten Schritt konnten Excel-Listen der Projektgruppe der JCC genutzt und in die Archivdatenbank konvertiert werden.

Die übrigen beim Amtsgericht verbliebenen älteren HR-Akten bis zum Löschungsjahrgang 1948 (ca. 200 lfm) wurden im Oktober 2009 in das Landesarchiv Berlin übernommen. Im selben Jahr begann ein gemeinsames Verzeichnungsprojekt mit dem Amtsgericht Charlottenburg, das im Jahre 2012 abgeschlossen werden konnte.
Die Verzeichnung der Akten erfolgte über Excel-Listen oder direkt in der Archiv-Datenbank Augias 8.3.

Im Ergebnis dieser Arbeiten stehen nun allen Interessierten über 62.000 HR-Akten (817,1 lfm) im Bestand A Rep. 342-02 Amtsgericht Charlottenburg - Handelsregister für eine Archivbenutzung zur Verfügung.
Die Recherche erfolgt in der Archivdatenbank im Lesesaal des Landesarchivs Berlin.

Der Bestand ist wie folgt zu zitieren: Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02 Handelsregister, Nr.

3. Korrespondierende Bestände

Außerdem sind fast 18.000 HRA- und HRB-Akten für die West-Berliner Nachkriegszeit (Löschungsjahrgänge 1945 - 1982) übernommen und verzeichnet worden; sie sind unter der B Rep. 042 Amtsgericht Charlottenburg - Handelsregisterakten ebenfalls über die Archivdatenbank zugänglich

Ergänzt wird diese Überlieferung durch die im Bestand C Rep. 304 Bezirksvertragsgericht Berlin vorhandenen 2.300 HRA- und HRB-Akten Ost-Berliner Firmen für die Löschungsjahrgänge 1945 - 1965. Diese Akten waren im Jahre 1990 vom Rat des Stadtbezirkes Berlin-Mitte an das damalige Verwaltungsarchiv des Magistrats von Berlin, Hauptstadt der DDR, abgegeben worden. Von dort, nun als Außenstelle des Landesarchivs fungierend, sind sie 1994 in das Landesarchiv Berlin gelangt. Ergänzt wird diese Aktenüberlieferung von sechs Registerbänden des HRC - Register der volkseigenen Wirtschaft für die Jahre 1952 - 1963.
Auch hierfür ist die Benutzung über die Archivdatenbank im Lesesaal des Landesarchivs möglich.

4. Literatur- und Quellenverzeichnis

Verzeichnis der in das Handels-Register des Königlichen Stadtgerichts zu Berlin eingetragenen Einzelfirmen, Gesellschaften, Genossenschaften und Prokuren, Berlin 1864 - 1873.

Verzeichnis der in das Handelsregister des Königlichen Amtsgerichts I zu Berlin eingetragenen Einzelfirmen, Gesellschaften und Prokuren, Berlin 1883 - 1901.

Handels-Register des Königlichen Amtsgerichts Berlin- Mitte, Berlin 1909 - 1916.

Berliner Handels-Register. Verz. d. in d. Amtsgerichtsbezirken Berlin-Mitte, Charlottenburg, Köpenick etc. wohnenden eingetragenen Einzelfirmen, Gesellschaften u. Genossenschaften, Berlin 1917 - 1931.

Zentralhandelsregisterbeilagen des Deutschen Reichsanzeigers und des Preußischen Staatsanzeigers.

Röder, Kurt (Hrsg.): Firma und Handelsregister : eine zusammenfassende Darstellung des Firmen- und Registerrechts einschließlich der Gewerbezulassungsgesetze und eines Kostenüberblicks, Berlin 1948.

Kreutzmüller, Christoph: Ausverkauf. Die Vernichtung der jüdischen Gewerbetätigkeit in Berlin 1930 - 1945, Berlin 2012.

http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/ag/charl/handelsregister.html



Berlin, Januar 2013 Heike Schroll, Bianca Welzing-Bräutigam
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