Der Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Berlin - Gräberkartei -

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Der Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Berlin - Gräberkartei - 
Der Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Berlin - Gräberkartei - 
Vorwort A Pr. Br. Rep. 107-01 - Der Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Berlin (Gräberkartei)

1. Behördengeschichte

Auf Grund des Gesetzes über die Neugestaltung deutscher Städte vom 4. Oktober 1937 (RGBL. I 1937, S. 1054, vgl. § 14 Absatz 2 und § 15) wurde für die Reichshauptstadt Berlin zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern die Dritte Verordnung zur Neugestaltung der Reichshauptstadt Berlin, betr. die Aufhebung der Zweckbestimmung von Friedhöfen (RGBl. I 1938, S. 410), am 23. April 1938 erlassen. Dort wurde im § 1 festgelegt, dass zur Durchführung der Neugestaltung der Reichshauptstadt der Polizeipräsident in Berlin im Einvernehmen mit dem Generalbauinspektor die Zweckbestimmung der Friedhöfe aufheben lassen konnte. In den weiteren Paragrafen wurden der Schutz der Grabstellen, die möglicherweise notwendigen Umbettungen und die Kostenübernahmen festgelegt.

Seit 1940 wurde von der Abteilung I (Grünflächenplanung) der Planungsstelle des Generalbauinspektors ein Honorarauftrag zur Inventarisierung der Berliner Grabstätten an den Regierungspräsidenten a. D. Ernst von Harnack beraten und im Februar 1941 vertraglich geregelt. Ab dem 25. Februar 1941 erhielt er als monatliches Honorar 500,- RM für den Auftrag,"Einzeluntersuchungen über Gräber bedeutender Persönlichkeiten und künstlerisch bedeutsame Grabdenkmäler anzustelle". Auf der Grundlage der Ergebnisse des Heimatforschers Willi Wohlberedt organisierte nun der"Gräberkommissa" Ernst von Harnack in Zusammenarbeit mit zahlreichen Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur und Verwaltung eine systematische Erfassung des überwiegenden Teils der Berliner Friedhöfe in seinem privaten Büro in der Kronenstraße 7. Er konnte eine Beurlaubung Willi Wohlberedts von seiner Anstellung bei der AEG-KWO ab Mai 1941 erreichen, der ihm mit seinem profunden Wissen über die Berliner Grabstätten sehr weiterhelfen konnte. Für die Begutachtung konnte u.a. der Direktor des Berliner Stadtarchivs Eberhard Faden, der Provinzialkonservator Walter Peschke, der Vorsitzende des Vereins für die Geschichte Berlins Hermann Kügler, der Vertreter der Synode Curt Horn und der Universitätsprofessor Leopold Giese gewonnen werden.

In mehreren Phasen erfasste man alle Grabstätten, so wurden Betreffsakten angelegt, die eine Auflistung von Grabstätten, die nach Friedhöfen geordnet zusammengefasst waren, enthielten. Zunächst wurden Fragebögen zur Geschichte der Friedhöfe und deren Belegung und Karteiblätter der"bedeutenden Persönlichkeite" an die Kirchengemeinden versandt. Nach dem Rücklauf der ausgefüllten Dokumente an von Harnack über die Dienststelle beim GBI bewertete man die Persönlichkeiten thematisch und übergab die Dokumente an die spezialisierten Gutachter. Die ausgewählte Begräbnisstätte wurde mit Namen, Beruf, Todesjahr, vielfach einer kurzen Biographie und zum Teil mit Fotos aufgeführt."Jedem Namen wurde eine dreigliedrige Signatur vorangestellt. Sie gibt die laufende Nummer des Friedhofs gemäß Friedhofsverzeichnis wieder. Es folgen die Fundstelle bei Wohlberedt (Seitenzahl) und die für den Beigesetzten maßgebliche Berufsgruppe. Letztere ist nach dem Systematischen Berufsverzeichnis in drei Buchstaben verschlüsselt" Die Friedhöfe wurden nach den städtischen Verwaltungsbezirken von Groß-Berlin geordnet und in drei Bereiche eingeteilt. In dem"Anlagehef" ist diese Gliederung der Groß-Berliner Friedhöfe ersichtlich. Die Bereiche I (Berlin-Innenstadt) und III (Berlin-Ost) konnten vollständig erarbeitet werden. So entstanden 27 Leitzordner Informationsmaterial und eine umfangreiche Fotosammlung. Die Beschäftigung der jüdischen Sekretärin Gertrud Leoni, die Kontakte zur Jüdischen Gemeinde Berlin zur Erfassung ihrer Grabstätten sowie die persönlichen Widerstände gegen das nationalsozialistische System waren u.a. die Gründe, die zur Auflösung des Honorarvertrages zwischen Ernst von Harnack und der Planungsstelle des Generalbauinspektors führten. Deshalb konnte die Inventarisierung nicht ganz beendet werden und blieb der Bereich II (Berlin-West) nur in Form von unbearbeiteten Gräberkarteien einzelner Verwaltungsbezirke vorhanden. Im November 1942 erklärte sich der Direktor des Stadtarchivs Berlin Eberhard Faden gemeinsam mit dem Provinzialkonservator Peschke bereit, diese Gräberkartei zu übernehmen. Ende Juli 1943 vereinbarte die Planungsstelle des Generalbauinspektors mit der städtischen Landesstelle für Geschichte, Heimatforschung und Volkskunde, das das gesamte Material (Kartei, Register und Abbildungen) in den Besitz der Berliner Stadtverwaltung übergehen solle. Die Planungsstelle beim Generalbauinspektor teilte im August 1943 dem Generalbauinspektor Speer den Abschluss der Gräberkartei mit. Aber erst am 1. Oktober 1943 übernahm nach Aussage von Willi Wohlberedt die Berliner Stadtverwaltung die weitere Führung der Gräberkartei. Allerdings scheinen die Dokumente nicht übergeben worden zu sein, sondern verblieben beim Generalbauinspektor."Die große Kartei, die Denkschriften und alle anderen Arbeiten sollen in Berlin verloren gegangen respektive vernichtet worden sein", dies berichtete Willi Wohlberedt aus seiner Erinnerung. Ernst von Harnack wurde im Zusammenhang mit den Umsturzversuchen des 20. Juli 1944 verhaftet und 1945 in Plötzensee hingerichtet.

Die Bestandsgeschichte der Gräberkartei nach 1945 konnte nur bruchstückhaft ermittelt werden. Möglicherweise sind die Kartei und die Denkschrift in der Behörde des Generalbauinspektors erhalten geblieben und mit anderen Überlieferungen dieser Behörde in die Sowjetunion ausgelagert worden. Ein Bestandteil der Behördenregistratur des" Generalbauinspektors der Reichshauptstad" gelangte mit einer Aktenabgabe der Sowjetunion in den 50er Jahren an das damalige Deutsche Zentralarchiv Potsdam. Nachweisbar ist, das"eine Kiste Nr. 25 Friedhofsakte" mit anderen Archivgutrückführungen der Sowjetunion vom Deutschen Zentralarchiv Potsdam am 24. Juli 1959 dem Stadtarchiv Berlin als Zugang 219/59 übergeben wurde. Dort lagerte es bis 1991 unbearbeitet. Der größte Teil der Fotos scheint verloren gegangen zu sein, während die 27 Leitzordner im Stadtarchiv vorlagen. Weitere Überlieferungslücken sind wohl durch den Abbruch der Inventarisierung und offene Rückläufe aus den Kirchengemeinden erklärbar.


2. Bestandsgeschichte

Der Bestand umfasst 148 Akten (1,90 lfm) mit einer Laufzeit von 1941-1943. Er besteht aus Inventarisierungsakten der Friedhöfe innerhalb des Bereiches I - Berlin-Innenstadt (Verwaltungsbezirke Mitte, Tiergarten, Wedding, Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Kreuzberg und Schöneberg) und des Bereiches III - Berlin-Ost (Verwaltungsbezirke Tempelhof, Neukölln, Treptow, Köpenick, Lichtenberg, Weißensee und Pankow). Diese Inventarisierungsakten beinhalten v. a. die Gräberkartei, Fotographien der Gräber, Lagepläne der Friedhöfe und Kurzbiographien. Für den Bereich II - Berlin-West liegt nur ein Friedhofsverzeichnis vor. Akten mit Erläuterungen zur Gräberkartei und zum Bestand sowie eine Denkschrift zur Erhaltung bedeutender Grabstätten des Berliner Stadtkerns runden den Bestand ab.

Der vorliegende bis dahin unerschlossene Bestand wurde von Dirk Ullmann im Rahmen eines Fachschulpraktikums im Februar / März 1991 verzeichnet. Dabei konnte er das Registraturschema im überlieferten"Anlagehef" von Ernst von Harnack und anhand der Registratursignaturen auf den Dokumenten ermitteln. Bei der Aktenbildung wurde dieses Registraturschema beibehalten. Am Ende der Verzeichnungsarbeiten erstellte Dirk Ullmann ein maschinenschriftliches Findbuch und erarbeitete eine kurze Behörden- und Bestandsgeschichte.
Im September 2006 retrokonvertierte Sophia Scholz dieses Findbuch im Rahmen eines Schülerpraktikums mit der Software Augias 8.1 in die Archivdatenbank. Durch die Überarbeitung der bisherigen Systematik und die Indizierung der einzelnen Friedhöfe im Sachindex verbesserte sich der Zugriff auf Informationen im Findbuch.


Der Bestand ist über ein Findbuch und eine Datenbank zugänglich.

Er wird wie folgt zitiert: Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 107-01, Nr. … .


3. Korrespondierende Bestände

Bundesarchiv Berlin R 4606 Der Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt
Landesarchiv Berlin F Rep. 270 Kartensammlung


4. Literatur- und Quellenverzeichnis

Harnack, Ernst von: Bestand und Erhaltung der bedeutsamen Grabstätten und Friedhöfe in Groß-Berlin. Denkschrift im Auftrag des Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt. T. 1-3, Berlin 1941-1943.
Matschenz, Andreas: Ernst von Harnack und die Berliner Gräberkartei. In: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin, Berlin 1992, S. 469-476.
Michel, Georg: Auf dem Wege zu einer Grabstättenbildkartei für Berlin und die Mark Brandenburg. In: Jahrbuch für Brandenburgische Landesgeschichte. [Bd 1.] Berlin 1950, S. 45-46.
Wohlberedt, Willi: Verzeichnis der Grabstätten bekannter und berühmter Persönlichkeiten in Groß-Berlin und Potsdam mit Umgebung. T. [1]-a, Berlin 1932-1952.


Berlin, November 2011 Kerstin Bötticher

Ernst von Harnack (* 15. Juli 1888 in Marburg/Lahn, † 5. März 1945 in Berlin-Plötzensee) Er war ein preußischer Ministerpräsident, deutscher Politiker und Widerstandskämpfer.
Willi Wohlberedt (* 29. Juli 1878 in Berlin, † 26. August 1950 in Wieck a. Darß) Er war als kaufmännischer Angestellter bei der AEG - Kabelwerk Oberspree tätig. Der Heimatforscher befasste sich seit 1913 systematisch mit dem Auffinden berühmter Grabstätten in Berlin und brachte 1930 im Selbstverlag das"Verzeichnis der Grabstätten bekannter und berühmter Persönlichkeiten in Groß-Berlin, Potsdam und Umgebun" (Teil I-III) heraus.


 

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