Der Stadtpräsident der Reichshauptstadt Berlin

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Der Stadtpräsident der Reichshauptstadt Berlin 
Der Stadtpräsident der Reichshauptstadt Berlin 
Vorwort A Pr.Br. Rep. 057 Der Stadtpräsident der Reichshauptstadt Berlin

1. Behördengeschichte

Am 14. März 1933 wurde Julius Lippert, seit 1929 Fraktionsführer der NSDAP-Fraktion in der Berliner Stadtverordnetenversammlung, auf Vorschlag des Gauleiters Berlin der NSDAP, Joseph Goebbels, als Staatskommissar „zur besonderen Verwendun" in der Hauptstadt Berlin eingesetzt. Verfassungsrechtlich stand er außerhalb des Magistrats und der städtischen Verwaltung. Seine Aufgabe war es, politisch und personell die Gleichschaltung der Stadtverwaltung durchzusetzen.
Nach der gesetzlichen Bestätigung der Funktion hatte der Staatskommissar nun ein Vorschlags- und Vetorecht gegenüber dem Oberbürgermeister, der ihm wiederum über alle wesentlichen Vorgänge in der Verwaltung berichtspflichtig war. Der Staatskommissar konnte an den Sitzungen der Gemeindekollegien teilnehmen, hatte das Recht zur Einsichtnahme in alle Akten und jederzeit zu allen Dienststellen Zutritt. Allerdings unterstand er nach wie vor den Anweisungen der Kommunalaufsichtsbehörde, des Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg.
Erst ab dem 15. Januar 1934 erhielt der Staatskommissar die dem Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg zustehende Kommunalaufsicht. Damit fungierte der Staatskommissar als Staatsaufsichtsorgan, zunächst nur hinsichtlich der Gemeindeangelegenheiten. Doch schon zum 01. Mai 1934 übernahm er weitere Aufgaben des Oberpräsidenten, bei dem lediglich die Aufsicht über die Landeskultur und das höhere Schulwesen sowie über das Eichwesen verblieb. Damit nahm der Staatskommissar der Hauptstadt Berlin die Stellung einer staatlichen Behörde mit den Aufgaben eines Oberpräsidenten - der Aufsicht über Berlin auch in staatlichen Angelegenheiten - ein. Der Staatskommissar fungierte quasi als Oberpräsident Berlin; er unterstand dem preußischen Ministerpräsidenten direkt.
Durch das „Gesetz über die Verfassung und Verwaltung der Reichshauptstadt Berlin“ vom 1. Dezember 1936 wurde an Stelle des „Staatskommissars“ das Amt des „Oberbürgermeisters und Stadtpräsidenten“ geschaffen. Der Oberbürgermeister blieb Leiter der Berliner Gemeindeverwaltung und wurde zugleich Leiter der Behörde „Stadtpräsident“. Beiden Behörden stand Julius Lippert in Personalunion als Leiter vor, im Übrigen hatten sie verschiedene Zuständigkeitsbereiche und arbeiteten unabhängig voneinander. Der Oberbürgermeister wurde durch den Ersten Beigeordneten, den „Bürgermeister“ vertreten; der Stadtpräsident durch einen „Vizepräsidenten“. An Entscheidungen des Oberbürgermeisters von grundsätzlicher Bedeutung war ein beauftragter der NSDAP, hier der Gauleiter des Gaues berlin, zu beteiligen.
Nach der Ablösung von Julius Lippert 1940 übernahm Ludwig Steeg als bisheriger „Bürgermeister“ sowohl die Aufgaben eines Oberbürgermeisters und zugleich, in seiner bisherigen Eigenschaft als „Vizepräsident“, die des Stadtpräsidenten.
Die Personalunion von Oberbürgermeister und Stadtpräsident wurde durch einen Führererlass vom 1. April 1944 aufgelöst. Der Gauleiter Berlin und Reichsminister Joseph Goebbels wurde mit der Leitung der Verwaltung der Reichshauptstadt beauftragt und führte die Bezeichnung „Stadtpräsident“. Nach seinen Weisungen hatten der Oberbürgermeister und der Vizepräsident, auf den die bisherigen Aufgaben des Stadtpräsidenten übergingen, die staatliche Verwaltung der Hauptstadt Berlin zu führen.
Eine Durchführungsverordnung vom 5. August 1944 zu diesem Erlass regelte seine genaue Umsetzung. In Abweichung zum Gesetz von 1936 fungierten demnach ein „Regierungspräsident der Reichshauptstadt“ als Landesbehörde; der Stadtpräsident hatte nun die Befugnisse des Oberpräsidenten; seine bisherigen Zuständigkeiten gingen auf den Regierungspräsidenten über.

Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft oblag der „Gruppe Ulbricht“, einem deutschen Hilfsorgan der Roten Armee, der Aufbau einer neuen zentralen Stadtverwaltung für Berlin. Ihr gelang es binnen kurzem, Mitglieder für die Leitung einer zentralen Stadtverwaltung zu finden. Am 15. Mai 1945 bestätigte der Oberkommandierende der sowjetische Streitkräfte in Deutschland, Marschall Shukov, den Berliner Magistrat mit Arthur Werner als Oberbürgermeister.

2. Bestandsgeschichte

Die Registraturen der Behörde Staatskommissar/Stadtpräsident/Regierungspräsident sind teilweise in dem Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges verloren gegangen. So verbrannten Akten im Gebäude der Schulabteilung in der Schicklerstraße. Im Zusammenhang mit der Einnahme der Stadt durch russische Truppen kam es zu Verwüstungen im Gebäude Lietzenburger Straße. Einzelne Aktengruppen konnten hier dennoch geborgen werden und sind in das Gebäude der Preußischen Bau- und Finanzdirektion in der Invalidenstraße 52 verbracht worden.
Anfang des Jahres 1947 sind diese Akten des Stadtpräsidenten - zusammen mit denen der Preußischen Bau- und Finanzdirektion selbst - in das Berliner Hauptarchiv (später Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz GSTA) nach Dahlem verbracht worden, wo sie unter der Repositur 57 verwahrt wurden.
Aufgrund von Vereinbarungen des Berliner Senats mit dem Bundesarchiv wurden im Frühjahr 1953 die Archivalien von Preußischen Landesbehörden mit Berliner Zuständigkeit an das Landesarchiv Berlin übergeben, darunter auch der Bestand Rep. 57 Stadtpräsident. Der Bestand wurde verzeichnet und 1960 ein Findbuch über zunächst 1203 Aktenbände (Nr. 1 – 1203) erarbeitet, das nach einer weiteren Bestandsergänzung aus dem GSTA im Jahre 1965 (Acc. 1501) um einige Positionen (Nr. 1204 – 1228) ergänzt werden konnte.
Die Behörde des Staatskommissars hatte bereits während des Zweiten Weltkrieges Akten an das Brandenburgische Provinzialarchiv abgegeben, die jedoch aus Gründen des Archivgutschutzes unmittelbar nach außerhalb, in den …, verlagert wurden. 1949 sind diese Akten von dort in das Zentrale Staatsarchiv der DDR, Abteilung Merseburg, verbracht worden, wo sie geordnet und verzeichnet wurden.
Auch das Stadtarchiv Berlin verwahrte Akten des Stadtpräsidenten und des Regierungspräsidenten, die es 1960 an das Staatsarchiv Potsdam abgab. 1963 wurde diese Überlieferung mit den Akten aus Merseburg ergänzt. Ab Mitte der 1960er Jahre ist dieser Bestand unter der Repositur Pr.Br.Rep. 60 Stadtpräsident Berlin im Staatsarchiv Potsdam bearbeitet und worden; 1978 entstand ein maschinenschriftliches Findbuch über 932 Aktenbände.
Im Jahre 2001 vereinbarten das Brandenburgische Landeshauptarchiv und das Landesarchiv Berlin, die Überlieferung des Stadtpräsidenten im Landesarchiv Berlin zusammenzuführen.
Im Rahmen der Retrokonversion sind die vorhandenen Findhilfsmittel der beiden Archive im Jahre 2005 in eine Datenbank überführt worden, die nun, redaktionell überarbeitet und um einige Aktenstücke ergänzt, die Grundlage für das vorliegende Findbuch bietet.

Derzeit umfasst die Überlieferung 2235 Akteneinheiten und dokumentiert den Zeitraum der Existenz der Behörde von 1933 bis 1945, wobei für eine erhebliche Anzahl an Aktenstücken die Laufzeit bereits in den 1920er Jahren, bei Bandreihen z. T. sogar noch eher, einsetzt.
Die ursprünglich im Landesarchiv Berlin verwahrte Überlieferung ist im Rahmen der Sicherungsverfilmung des Bundes verfilmt worden, so dass für diese Akten eine Benutzung mittels Rollfilm erfolgt. Die für eine Aktenbestellung erforderliche Film-Nr. ist bei den Verzeichnungsangaben vermerkt (MF …); bitte bestellen Sie in diesen Fällen A Pr. Br. Rep. 057, Film.-Nr. …
Die anderen, nur im Original zu nutzenden Akten bestellen Sie bitte A Pr. Br. Rep. 057, Nr. … [lfd. Nr. = Aktensignatur].

Einige Akten sind auf Grund archivgesetzlicher Bestimmungen bzw. der EU-Datenschutz-Grundverordnung für die Benutzung befristet gesperrt. Eine Verkürzung der Schutzfristen kann auf Antrag erfolgen. Dazu bedarf es der besonderen Zustimmung des Landesarchivs Berlin. [Ergänzung von 2017]

3. Korrespondierende Bestände

4. Literatur- und Quellenverzeichnis


Berlin, November 2006 / August 2021 Heike Schroll / Kerstin Bötticher


 

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