Generalkommando des Marinekorps der Kaiserlichen Marine (Marinekorps Flandern)
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Generalkommando des Marinekorps der Kaiserlichen Marine (Marinekorps Flandern)
Geschichte des Bestandsbildners
Das Marinekorps Flandern ging aus der Mobilen Marine-Division hervor, die am 29.8.1914 durch Allerhöchste Kabinettsordre gegründet wurde. Die Formation, die der Heeresleitung unterstand, sollte Teile des mobilen Feldheeres ablösen, die Belgien besetzt hielten. Das Divisionskommando übernahm Admiral Ludwig von Schröder (1854-1933). Die Formation setzte sich zunächst zusammen aus:
· der Matrosenbrigade mit drei Abteilungen,
· der Matrosenartilleriebrigade mit der XV., XVI. und XVII. Matrosenartillerieabteilung,
· der Marineinfanteriebrigade, die aus dem 1. Marineinfanterieregiment mit dem I., V. und VIII. Seebataillon und dem 2. Marineinfanterieregiment mit dem II., IV., VI. und VII. Seebataillon bestand.
Ergänzt wurden diese Einheiten durch eine Flottenstammdivision, die sich aus zwei Kompanien zusammensetzte. Die Flottenstammdivision wurde allerdings bereits im September 1914 wieder aufgelöst. Der Mobilen Marine-Division gehörten außerdem die Marinefeldlazarette I bis IV und einige Armee-Einheiten an.
Die ersten Einheiten der Marine-Division trafen Anfang September 1914 in Belgien ein, bis Mitte des Monats war die Division vollständig ausgerückt. Der Stab trat unter Admiral von Schröder in Brüssel zusammen. Am 7. September wurde die Division dem Armeeoberkommando VII zugeteilt und beteiligte sich an den Kämpfen um Antwerpen. Nach der Einnahme Antwerpens hielt die Marine-Division die Stadt bis zum 21.10.1914 besetzt; Admiral von Schröder nahm in dieser Zeit auch die Funktion des Gouverneurs von Antwerpen wahr. Anschließend wurde die Marine-Division an die flandrische Küste verlegt und dem Armeeoberkommando IV unterstellt.
Die flandrische Küste hatte für Deutschland einen hohen strategischen Wert und sollte unbedingt gehalten werden:
„Hiermit war eine Basis am Kanal für die Offensivunternehmungen zur See gegen die nahe englische Küste gewonnen; es war aber klar, daß England versuchen würde, sie uns mit allen Mitteln wieder zu entreißen. Es wurde deshalb notwendig, sofort eine starke Verteidigung nach See und Land einzurichten. Es galt ferner das Gebiet als wirkliche Basis mit den erforderlichen Mitteln baldigst einzurichten. Dazu war eine starke Personalvermehrung nötig"
Mitte Oktober 1914 wurde beschlossen, zusätzlich 20.000 Mann aus den deutschen Marinefestungen nach Flandern zu verlegen. Durch Allerhöchste Kabinettsordre vom 8.11.1914 wurde die Mobile Marine-Division zum Marinekorps Flandern erweitert. Ludwig von Schröder avancierte zum kommandierenden Admiral des Marinekorps, der unmittelbar dem Kaiser unterstellt war. Das Stabsquartier des Generalkommandos hatte seinen Sitz in Brügge, wo es bis zum Beginn des Rückzugs am 16.10.1918 verblieb.
Dem Marinekorps unterstanden anfangs zwei Marinedivisionen. Die I. Marinedivision setzte sich zusammen aus:
· der 1. Marinebrigade mit dem 1. Matrosenregiment und dem 1. Matrosenartillerieregiment sowie
· der 2. Marinebrigade mit dem 2. Matrosenregiment und dem 2. Matrosenartillerieregiment.
Vorübergehend waren der I. Marinedivision auch unterstellt:
· die 1. und 2. Landwehr-Feldartillerieabteilung des X. Armeekorps,
· das Marine-Feldartillerieregiment,
· das 1. Küstenbataillon,
· das 1. Marinepionierbataillon,
· die Marine-Fernsprechabteilung und
· das Landsturm-Infanteriebataillon „Marbur".
Die II. Marinedivision bestand anfangs aus:
· der 3. Marinebrigade mit dem 3. Marineinfanterieregiment und dem 3. Matrosenregiment,
· der 4. Marinebrigade mit dem 4. und 5. Matrosenregiment sowie der
· Marineinfanteriebrigade mit dem 1. und 2. Marineinfanterieregiment.
Zeitweise waren der II. Marinedivision auch unterstellt:
· das Küstenbataillon,
· die Kampfgruppe Schweres Flachfeuer,
· das Landwehr-Feldartillerieregiment 258,
· das 2. Marinepionierbataillon und
· die Divisionsfernsprechabteilung 292.
Neben den beiden Divisionen gehörten dem Marinekorps verschiedene Nebenformationen ein, mit denen es eine Kopfstärke von 60.000 bis 70.000 Mann erreichte.
Dem Marinekorps kamen zusammengefasst folgende Aufgaben zu:
„Das ‚Marinekorp" hält die mit einer Reihe von Batterien armierte belgische Küste besetzt, beteiligt sich am Kampfe der Landfront inmitten der Truppen des Heeres, stellt den Grenzschutz gegen Holland, Bewachungs- und Ordnungsmannschaften in dem ganzen dem Marinekorps zugewiesenen Gebiet sowie notwendiges seemännisches Personal für andere Orte in Belgien; schließlich arbeitet es an dem Ausbau der in seinem Gebiet vorhandenen für die offensive Seekriegführung wichtigen Anlagen"
Die beiden Divisionen des Marinekorps teilten sich die Aufgaben. Die I. Marinedivision hatte die belgische Küste bis hin zur niederländischen Grenze zu sichern. In ihrem Bereich lagen die Hafenkommandantur Antwerpen sowie die Kommandanturen in Ostende, Zeebrügge, De Haan, Blankenberghe, Knocke, Heyst, Westkapelle, Stalhille, Wenduine und zeitweise Raversyde. Der II. Marinedivision fiel die Aufgabe zu, den rechten Flügel des Landheeres von Schoorbake bis zur Küste zu decken. Ihr unterstanden die Kommandanturen Gistelles, Leffingen, Middelkerke, Slype, Oudenburg, Zaadvoorde, Zevekote, St. Pietres-Kapelle und Snaakskerke.
Im Juni 1917 wurden die Landstreitkräfte des Marinekorps umformiert und um eine dritte Division ergänzt. Die III. Marinedivision setzte sich zusammen aus:
· der bisher zur II. Marinedivision gehörenden Marineinfanteriebrigade mit den Marineinfanterieregimentern 1, 2 und 3 zu je drei Bataillonen,
· dem Feldartillerieregiment 9,
· dem Pionierbataillon 115,
· der Divisionsfernsprechabteilung sowie
· den Kommandanturen Oudenburg, Zandvoorde, Middelkerke, Raversyde und Steene.
Die Verwendung der III. Marinedivision blieb der Obersten Heeresleitung vorbehalten. Die Aufstellung der III. Marinedivision ging mit folgenden Umgliederungen in der II. Marinedivision einher:
· die 3. Marinebrigade gab das 3. Marineinfanterieregiment an die Marineinfanteriebrigade ab;
· die 3. Marinebrigade wurde durch das 4. und 5. Matrosenregiment der 4. Marine-Brigade ergänzt;
· die 4. Marineinfanteriebrigade wurde aufgelöst;
· die Marineinfanteriebrigade, bestehend aus dem 1., 2. und 3. Marineinfanterieregiment schied aus der II. Division aus und trat zur III. Division.
Charakteristisch für das Marinekorps war die Bündelung verschiedener Truppengattungen, die von Infanterie und Artillerie über Seestreitkräfte - einschließlich U-Boote - bis hin zu einer eigenen Marinefliegerabteilung reichten. Die Seestreitkräfte des Marinekorps bestanden Ende 1917 aus:
· drei Torpedobootflottillen,
· einer Motorbootdivision, die dem Führer der Torpedobootflottille unterstand,
· zwei U-Boot-Flottillen sowie
· dem Kommando des Minen- und Sperrwesens, dem eine Minensuch-Halbflottille, eine Motorbootabwehrtruppe, eine Bootsabteilung und eine Wassertransportabteilung unterstanden.
Dem Kommando des Minen- und Sperrwesens unterstanden außerdem eine Minenwerkstatt und eine Minenkompanie in Brügge, eine Hafenkompanie in Ostende sowie die Hafenkapitäne in Brügge, Zeebrügge und Ostende.
Die Luftstreitkräfte setzten sich unter dem Kommando des Luftfahrwesens aus den Seefliegern, den Küstenfliegern, den Artilleriefliegern und der Fesselballonabteilung zusammen. Zur Luftabwehr unterhielt das Marinekorps ein Flak-Regiment.
Während der Stationierung in Flandern errichtete das Marinekorps 25 Küstenbatterien schweren und mittleren Kalibers, die die Matrosenartillerieregimenter 1 und 2 der I. Marinedivision besetzten. Vervollständigt wurde der Küstenschutz durch Strandbestreichungsbatterien und Leuchtkanonen. In Brügge, Antwerpen, Ostende und Gent baute das Marinekorps bestehende Werkstätten zu Kriegswerften aus und unterstellte sie einem Oberwerftdirektor in Brügge. In Brügge errichtete das Generalkommando auch ein zentrales Artillerie- und Munitionsdepot und siedelte dort das Kommando für Torpedo- und Minenwesen an. Ostende und Zeebrügge entwickelten sich zu Stützpunkten für Torpedo- und U-Boote.
Einheiten des Marinekorps nahmen an den Kämpfen an der Westfront teil. Sie wurden in der Schlacht an der Somme, in den Schlachten bei Arras sowie in den Endkämpfen an den Siegfried-, Hermann- und Hindenburgstellungen eingesetzt. Zur See unternahm das Marinekorps - neben der Aufgabe der Küstenverteidigung - Operationen gegen englische Streitkräfte, legte eigene und räumte feindliche Minen- und Netzsperren und führte Handelskrieg.
Auf Befehl der Obersten Heeresleitung leitete das Marinekorps am 15.10.1918 den Rückzug aus Flandern ein. Die Formation wurde am 31.1.1919 aufgelöst und bis zum 4.3.1919 abgewickelt. Das letzte Hauptquartier vor der Demobilisierung bezog das Korps im westfälischen Ahaus. Die III. Division, die bei den Truppen an der Somme stand, führte den Rückmarsch selbstständig durch und löste sich in Kiel bzw. Wilhelmshaven auf.
Generalkommando des Marinekorps der Kaiserlichen Marine (Marinekorps Flandern)