Osttruppen und fremdländische Verbände des Heeres
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Osttruppen und fremdländische Verbände des Heeres
Geschichte des Bestandsbildners
Als Hitler am 22. Juni 1941 die deutsche Wehrmacht zum Angriff auf die Sowjetunion antreten ließ, rechnete er damit, dass dieser Feldzug, wie bereits die erfolgreichen Unternehmungen gegen Polen und Frankreich, in einem wenige Monate dauernden „Blitzkrie" abgeschlossen sein würde. Unter diesen Umständen wurde der Nutzen einer Einbindung von Armeen verbündeter Staaten als äußerst gering eingeschätzt, zumal ein solcher Schritt unweigerlich Forderungen nach einem Anteil an der erwarteten Beute zur Folge gehabt hätte. Angesichts dieser Ausgangslage waren es zunächst vor allem diplomatische Gründe, die die deutsche Führung dennoch dazu veranlassten, den Armeen der verbündeten Staaten eine Aufgabe beim Angriff auf die Sowjetunion zu übertragen.
Ein derartiger Verbündeter war die Slowakei, die als Staat erst durch die deutsche Zerschlagung der Tschechoslowakei im Frühjahr 1939 entstanden war. Bezüglich ihres Fortbestehens völlig von Deutschland abhängig, ordnete die Slowakei unmittelbar mit dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion die Mobilisierung ihrer Armee an. Der Eliteverband der „Schnellen Brigad", den die Slowaken sogleich zur Unterstützung der deutschen Unternehmungen abstellten, erwies sich jedoch ebenso wie die restliche slowakische Armee, die im Spätsommer 1941 in die Ukraine einrückte, rasch als völlig unzureichend ausgerüstet und ausgebildet, sodass sie in die Reserve versetzt oder aber ganz in die Heimat zurückgeschickt wurden. Im Einsatz verblieben lediglich die etwa 8500 Mann starke Slowakische Sicherungsdivision sowie die zur 10 000 Mann starken Schnellen Division aufgestockte Schnelle Brigade, die beide zunächst nur zur Partisanenbekämpfung und Bewachung wichtiger Infrastruktur im Hinterland verwendet wurden. Erst die sowjetische Gegenoffensive im Winter 1941/42 führte dazu, dass der Schnellen Division ein eigener Frontabschnitt zugewiesen wurde, den sie unter dem Kommando von Generalmajor August Malar bis zum Juli 1942 erfolgreich verteidigte. Nach der dergestalt erfolgreich bestandenen Bewährungsprobe beteiligte sich die Division am deutschen Vormarsch auf Rostow am Don und der Eroberung des Ölgebietes von Maikop, von wo sie sich nach der Katastrophe bei Stalingrad unter erheblichen Verlusten, darunter fast sämtliche Fahrzeuge und Geschütze, zum Asowschen Meer zurückziehen musste. Von dort auf die Krim übergesetzt, wurde sie im März 1943 zur ca. 5000 Mann starken 1. Slowakischen Infanterie-Division reorganisiert und zur Küstensicherung eingesetzt. Im August 1943 wurde die Division im Rahmen der sowjetischen Großoffensive zum größten Teil zerschlagen, die Reste übernahmen unter dem Kommando von Oberst Karl Peknik erneut Sicherungsaufgaben. Nach den hohen Verlusten und angesichts des ungünstigen Kriegsverlaufs zunehmend demoralisiert und von massenhaften Desertionen geplagt, wurden die Überreste der Division in der Folge nur noch im Hinterland der Front als Bautrupps eingesetzt. Ein ähnliches Schicksal ereilte die Sicherungsdivision, die von den Deutschen nach Italien verlegt und als „Arbeitsdivisio" verwendet wurde. Die slowakische Hauptarmee, die nach wie vor zum größten Teil in ihrem Heimatland stationiert war, wurde im Herbst des Jahres 1944 nach einem fehlgeschlagenen Aufstand schließlich von den Deutschen entwaffnet und aufgelöst.
In Erwartung eines kurzen Feldzuges erfuhr nicht nur die Einbindung verbündeter Streitkräfte, sondern ebenso jegliche Überlegung, die von den Sowjets unterworfenen osteuropäischen Völker und die nationalen Minderheiten des sowjetischen Vielvölkerstaates für den Einsatz auf deutscher Seite zu gewinnen, seitens der deutschen Führung zunächst nur wenig Beachtung, wobei hier zusätzlich ideologische Gründe eine starke Rolle spielten: Neben einer allgemeinen, rassistisch begründeten Geringschätzung der Kampffähigkeiten dieser Völker war vor allem Hitlers Standpunkt, dass im zukünftigen „Ostrau" lediglich Deutsche Waffenträger sein dürften, für diese Zurückhaltung ausschlaggebend. Dennoch machten sich einzelne Befehlshaber schon wenige Monate nach dem Beginn der deutschen Operationen daran, die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung in den eroberten Gebieten, welche die Deutschen anfangs größtenteils als Befreier wahrnahm, als sogenannte „Hilfswillig" (Hiwi) für Übersetzungs-, Wach- und Arbeitsdienste in Anspruch zu nehmen. Im Herbst 1941 begann man zudem damit, aus Einheimischen, Überläufern und Kriegsgefangenen bewaffnete Verbände zur Bekämpfung der in den rückwärtigen Armeegebieten einsetzenden Partisanentätigkeit zu bilden und so deutsche Truppen für den Fronteinsatz freizumachen.
Das Oberkommando des Heeres setzte sich dafür ein, diese auf Initiative lokaler Wehrmachtbefehlshaber immer weiter wachsende Zahl „ostvölkische" Hilfseinheiten in einen festen organisatorischen Rahmen einzubinden, doch große Teile der NS-Führung lehnten dies zunächst kategorisch ab. Erst die zunehmend ungünstige Kriegslage war es schließlich, die Hitler schrittweise zu Zugeständnissen zwang: Im Februar 1942 billigte er die bereits bestehenden Verbände, verbot jedoch die Aufstellung neuer Einheiten; im März erteilte er die Genehmigung zur Verstärkung existenter Hundertschaften auf Bataillonsgröße. Anfang Mai schließlich gestattete Hitler die Bildung einer festen Organisationsstruktur für die Erfassung, Ausbildung und Verwendung von Freiwilligen aus den „nichtrussische" Völkern der Sowjetunion. Zu diesem Zweck wurde die 162. Infanterie-Division aufgelöst und ihr Stab mit Aufstellung und Ausbildung dieser Einheiten beauftragt. In der Folge entstanden die sogenannten „Osttruppe", zahlreiche Einheiten aus Turkmenen, Nordkaukasiern, Wolgatataren, Kalmücken, Armeniern, Aserbeidschanern und Georgiern, die auf Bataillonsgröße beschränkt waren und vorwiegend als Bau- und Unterstützungseinheiten sowie zur Partisanenbekämpfung eingesetzt wurden, um so deutsche Soldaten für den Fronteinsatz freizumachen. Parallel zu diesen offiziellen Aufstellungen entstanden aus lokaler Initiative heraus weiterhin zahlreiche Unterstützungseinheiten, in denen auch Esten, Letten, Litauer, Finnen, Ukrainer, Weißrussen, Griechen und Sibirer dienten. Zudem wurde ein „Russisches Schutzkorp", das russische Emigranten 1941 in Jugoslawien gegründet hatten, im November 1942 in die Wehrmacht übernommen und zur Bekämpfung kommunistischer Partisanen eingesetzt. Die Tätigkeit des aus der 162. Infanterie-Division gebildeten Aufstellungsstabes sowie des im Sommer 1942 gebildeten Postens eines „Generals der Freiwilligenverbände im OK" entfalteten ab 1943 ihre volle Wirkung, sodass die Zahl der Osttruppen rasch zunahm: Anfang 1943 standen 176 Bataillone und 38 Kompanien mit einer Gesamtstärke von 130 000 - 150 000 Mann im Feld, Mitte des Jahres waren es bereits rund 300 000 Mann, die unter der Parole eines vereinten „Kreuzzuges gegen den Bolschewismu" an deutscher Seite kämpften. Gleichzeitig wurde der Einsatz der Hiwi durch die Regelung ihrer Rechte und Pflichten, ihrer Uniformierung, Besoldung und Beförderung auf eine geregelte Basis gestellt. Im Zuge dessen waren ab Oktober 1943 bei jeder Division 2005 Planstellen für Hiwi vorgesehen - eine Zahl, die im Allgemeinen jedoch nicht erreicht worden sein dürfte.
Im Frühjahr 1942 begann unter einem „Kommandeur der Ostlegione" im Generalgouvernement darüber hinaus die Aufstellung sogenannter „Ostlegione" aus kriegsgefangenen Angehörigen von muslimischen Minderheiten der Sowjetunion, in denen die NS-Führung zuverlässige Helfer im „Kampf gegen den Bolschewismu" sah. War zunächst lediglich die Bildung einer Turkestanischen und einer Kaukasisch-Mohammedanischen Legion vorgesehen, so erging im Herbst 1942 der Befehl, eine Wolgatatarische Legion zu bilden, während die Kaukasisch-Mohammedanische Legion in eine Nordkaukasische und eine Aserbeidschanische Legion aufgeteilt wurde. Zudem wurden über die ursprünglich vorgesehene Begrenzung auf muslimische Ethnien hinaus zusätzlich je eine Armenische und eine Georgische Legion gebildet. Die Soldaten der Legionen rekrutierten sich in erster Linie aus Kriegsgefangenen, die nach ihrer Meldung den deutschen Soldaten formal gleichgestellt waren und laufend in Form von Feldbataillonen an die Front entsandt wurden. Insgesamt konnte der Stab der Ostlegionen auf diese Weise 53 Feldbataillone mit etwa 53 000 Mann in Dienst stellen. Die Aufstellung russischer Kampftruppen, sei es in Form von Emigranten-Einheiten oder auf Basis übergelaufener und gefangengenommener Angehöriger der Roten Armee, lehnte Hitler jedoch weiterhin kategorisch ab.
Nach der Niederlage von Stalingrad und den anschließenden Rückzügen der Wehrmacht zeigten sich zunehmend Zersetzungserscheinungen bei den an der Ostfront eingesetzten Osttruppen und -legionen, sodass diese im Laufe der Kriegsjahre 1943 und 1944 schrittweise von dort abgezogen und über ganz Europa verteilt wurden. Dennoch ging die Rekrutierung von Osttruppen unvermindert weiter und erreichte im Sommer 1944 bei einer Gesamtstärke von etwa 200 Ost-Bataillonen mit insgesamt rund 500 000 Mann, die meisten davon im Westen und dem Mittelmeerraum, ihren Höhepunkt; hinzu kamen noch mehrere Hunderttausend Hiwi. Im Zuge der sich immer weiter verschlechternden Kriegslage ließ der Kampfwert dieser Einheiten jedoch mehr und mehr nach, einige ergaben sich nach dem D-Day kampflos den Alliierten, andere meuterten und töteten ihr deutsches Rahmenpersonal.
Trotz dieses mangelnden Einsatzwertes sorgte die Kriegslage indes dafür, dass die NS-Führung 1944 ihre ideologischen Vorbehalte bei der Rekrutierung nichtdeutscher Hilfstruppen zunehmend hintanstellte. Heinrich Himmler, seit dem fehlgeschlagenen Aufstandsversuch vom 20. Juli 1944 Befehlshaber des Ersatzheeres, griff nun eine Initiative wieder auf, die ihren Ursprung im Jahr 1942 hatte: Damals war der sowjetische Generalleutnant Andrej A. Wlassow in deutsche Gefangenschaft geraten, wo er sich bald als Antikommunist zu erkennen gegeben und seine Bereitschaft zum aktiven Kampf gegen die Sowjets erklärt hatte. Pläne von Teilen der Wehrmachtführung und der politischen Elite, unter Wlassows Kommando eine Truppe aus russischen Emigranten und Kriegsgefangenen aufzustellen und mit der Aussicht auf ein Bündnis zwischen einem vom Bolschewismus „befreite" Russland und dem Deutschen Reich zum Kampf an der Seite der Wehrmacht zu bewegen, waren damals am Widerstand Hitlers und anderer NS-Größen gescheitert. Es erfolgte lediglich ein von vagen Versprechungen motivierter propagandistischer Einsatz Wlassows. Nun jedoch, im Angesicht des drohenden Zusammenbruchs, fielen die letzten Vorbehalte der NS-Führung gegen den bewaffneten Kampfeinsatz russischer Truppen an deutscher Seite. Nachdem Hitler im November 1944 seine Zustimmung gegeben hatte, begann man mit der Aufstellung einer russischen Infanterie-Division, der im Januar 1945 eine zweite folgte. Die Soldaten dieser „Russischen Befreiungsarme" (ROA) standen unter dem Kommando russischer Offiziere und trugen russische Hoheitszeichen, Deutsche waren lediglich als Verbindungsoffiziere präsent. Angesichts ihrer späten Aufstellung kamen diese Divisionen jedoch kaum noch zum Einsatz, lediglich die 600. (russ.) Infanterie-Division kämpfte im März 1945 zwei Mal für mehrere Tage an der Ostfront.
Eine Sonderstellung unter den russischen Hilfstruppen auf deutscher Seite kam den Kosaken zu, die den NS-Ideologen als zuverlässig antikommunistisch und von Natur aus kriegerisch galten und die daher im Frühjahr 1942 zum Kampf an deutscher Seite zugelassen wurden, wobei bei dieser Entscheidung auch der zunehmend ungünstige Kriegsverlauf eine starke Rolle spielte. Angesichts des geplanten Vormarsches in die Kaukasusregion erhoffte man sich seitens der deutschen Führung, durch politische und kulturelle Zugeständnisse eine große Zahl an Kosaken in die Dienste der Wehrmacht nehmen zu können. Dieser Plan scheiterte zwar mit dem deutschen Rückzug aus der Region, doch schlossen sich den zurückgehenden Truppen viele Einheimische an, aus deren Reihen man die bereits auf Initiative lokaler Befehlshaber gebildeten Kosakeneinheiten zu insgesamt rund zwanzig Kosakenbataillonen verstärkte. 1943 hob Hitler schließlich für die Kosaken die bei den Hilfsverbänden übliche Beschränkung auf maximal Bataillonsgröße auf, woraufhin bereits im Frühjahr drei vollwertige Regimenter gebildet werden konnten. Im Mai 1943 folgte die Aufstellung der 1. Kosaken-Kavallerie-Division, die aus je zwei Regimentern Don- und Kuban-Kosaken sowie je einem Regiment Sibir- und Terek-Kosaken bestand (wobei diese Einheiten keineswegs nur „echt" Kosaken umfassten) und mit deutschem Rahmenpersonal ausgestattet wurde. Nachdem die Division im September Einsatzbereitschaft erreicht hatte, wurde sie unter dem Kommando des deutschen Generals Helmuth von Pannwitz zur Partisanenbekämpfung nach Kroatien verlegt. Ende 1944 kam eine weitere (2.) Kosaken-Division hinzu, die zusammen mit der 1. Division das mindestens 25 000 Mann starke XV. Kosaken-Kavallerie-Korps bildete und in Nordjugoslawien stationiert wurde. In Norditalien hatte die deutsche Führung zudem rund 35 000 aus dem Osten evakuierte Kosaken angesiedelt, die dort zur Partisanenbekämpfung eingesetzt wurden. Bei Kriegsende ergaben sich die in deutschen Diensten stehenden Kosaken geschlossen den britischen Streitkräften in Österreich, wurden von diesen jedoch letztlich an die Sowjetunion ausgeliefert, wo die meisten ihrer Führer, einschließlich des Generals von Pannwitz, hingerichtet wurden, während das Gros der Kosaken zu langjähriger Zwangsarbeit verurteilt wurde.
Insgesamt kämpften im Krieg gegen die Sowjetunion ca. zwei Millionen nichtdeutscher Soldaten an der Seite der Wehrmacht, wobei anfangs die Truppen verbündeter Staaten, später jedoch zunehmend die Soldaten aus den Völkern der Sowjetunion die Mehrheit stellten. Hinzu kamen noch Hunderttausende Hilfswillige, die in der Verwaltung, beim Nachschub und als Bautrupps eingesetzt wurden. Nicht nur angesichts der Opposition, ja des Widerstandes Hitlers und großer Teile der NS-Elite gegenüber dem Aufbau und dem Einsatz der Unterstützungstruppen stellt dies eine Zahl von beeindruckender Größe dar, deren Bedeutung angesichts der Länge der Fronten, der Fläche des Hinterlandes und der zahlenmäßigen Überlegenheit des Gegners kaum überschätzt werden kann.
Formationsgeschichtliche Hinweise zu den einzelnen Einheiten finden Sie bei Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939-1945. 20 Bde. Osnabrück 1967 ff.
Osttruppen und fremdländische Verbände des Heeres