Reichsstelle für Nachlässe und Nachforschungen im Ausland

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Reichsstelle für Nachlässe und Nachforschungen im Ausland 
Geschichte des Bestandsbildners Im Zuge der Neuorganisation des Auswärtigen Amtes mit Beendigung des 1. Welt-krieges ging man davon aus, alle Geschäfte, die nicht ausgesprochen politischer und wirtschaftspolitischer Natur waren, an andere zentrale Reichsbehörden abzugeben. So wurde im Interesse eines „organischen“ Aufbaus des Auswärtigen Amtes besonderer Wert darauf gelegt, den Geschäftskreis der Rechtsabteilung (III) weitgehend einzuschränken, um ihr nur noch die Rolle eines Justitiars für die politischen Referate zu belassen. Aus diesem Gesichtspunkte heraus ging zum 1. April 1919 die umfangreiche Nachforschungstätigkeit für Zivilpersonen im Ausland von der unmittelbar nach den Anordnungen der Rechtsabteilung arbeitenden „Reichskommission für die Angelegenheiten der deutschen Zivilpersonen im Feindesland“ – die durch Erlass des Auswärtigen Amtes vom 30. September 1914 mit Rücksicht auf die besonderen Kriegsverhältnisse geschaffen worden war – auf das „Reichsamt für deutsche Einwanderung, Rückwanderung und Auswanderung“ (Reichswanderungsamt), einer dem Reichsministerium des Innern nachgeordneten zentralen Reichsbehörde, über. Ebenso wurde die Nachlassstelle sowie das Personenstandsreferat der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes mit Wirkung vom 1. Oktober 1923 auf besondere Veranlassung des Reichssparkommissars in das Reichwanderungsamt überführt.(1) Schon wenige Monate nach dieser beträchtlichen Erweiterung des Arbeitsgebietes des Reichswanderungsamtes wurde dieses aber in Verfolg der von der Reichsregierung angeordneten Abbaumaßnahmen am 1. April 1924 umgebildet in die reichsstelle für Auswanderungswesen, so dass nun wieder die Behandlung der bisher vom Reichswanderungsamt erledigten Nachlass-, Personenstands- und Nachforschungsangelegenheiten dem Auswärtigen Amt zufiel. Diese mehr dem internationalen Privatrecht zugehörigen Sachgebiete wurden jedoch nicht einer Abteilung des Auswärtigen Amts zugewiesen, sondern zu ihrer Bearbeitung entstand eine neue Reichsbehörde mit zentralem Aufgabenbereich, die durch Präsidialverordnung vom 1. April 1924 errichtete „Reichsstelle für Nachlässe und Nachforschungen im Ausland“ (Reichsnachlassstelle).(2) Die neue Reichsstelle war eine dem Auswärtigen Amt nachgeordnete Behörde und wurde Zeit ihrer Wirkungsdauer von dem Oberregierungsrat und Konsul z.D. Dr. Grienke geleitet. Bei ihrer Errichtung waren im Wesentlichen zweierlei Gesichtspunkte maßgebend: erstens sollte das Auswärtige Amt von laufenden Geschäften ohne außenpolitische Bedeutung entlastet werden, zweitens wollte man aus fiskalischem Interesse die höher bezahlten Beamten des Reichswanderungsamtes durch niedriger besoldete Beamte ersetzen. Nach dem Geschäftsverteilungsplan vom 5. April 1924 zerfiel die Reichsnachlass-stelle neben dem Arbeitsbereich für Verwaltungsangelegenheiten in drei sachlich eng zusammengehörige Abteilungen:1. Abt. Na. Nachlasssachen, 2. Abt. Nf. Nachforschungen, 3. Abt. Pst. Zivilstandsa-chen. Die Abteilungen hatten folgende Referatsgliederung:A Verwaltungsangelegenheiten1. Personalien der Beamten und Angestellten2. Verwaltung3. Büroleiter und innerer Dienst4. Haushaltsplan5. Besoldungsangelegenheiten der Beamten und AngestelltenNa Nachlasssachen1. Grundsätzliche Fragen, soweit sie nicht einzelne Länder betreffen2a. Angelegenheiten allgemeiner Art bzw. der USA2b. Einzelnachlässe aus den USA3a. Angelegenheiten allgemeiner Art aus allen übrigen Ländern3b. Einzelnachlässe aus allen übrigen LändernNf. Nachforschungen1. Nachforschungen nach Deutschen im Auslande2. Angelegenheiten der früheren deutschen Zivilgefangenen, insbesondere deren Eigentum und Nachlässe3. Nachrichtenübermittlung zwischen Deutschen im Inland und AuslandPst. Zivilstandssachen1. Beschaffung und Übermittlung von Personenstandsurkunden(3)Die Haupttätigkeit der Reichsstelle bestand in der Abwicklung der Nachlassgeschäfte, in der Ermittlung von Erbberechtigten und Aushändigung der Nachlassanteile, wobei namentlich die Valutaumrechnungen und die erbrechtlich-testamentarischen Auseinandersetzungen zum Teil mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden waren. Die Personenstandssachen konnten reibungsloser erledigt werden, zumal man den Schriftverkehr weitgehend mit Vordruckformularen bewältigte. Auch die Nachfor-schungen nach Deutschen und Deutschstämmigen wurden durch Suchbogenaktionen erleichtert. Die Reichsnachlassstelle arbeitete behördlicherseits fast ausschließlich mit den deutschen Konsulaten im Ausland zusammen unter starker Benutzung des Kurierdienstes des Auswärtigen Amtes. Klagen aus der Öffentlichkeit über die unzulängliche Bearbeitung der Nachlasssa-chen in der Reichsnachlassstelle, aber auch notwendige Sparmaßnahmen der Re-gierung veranlassten den Hauptausschuss des Reichstages in seiner Haushaltsberatung für das Rechnungsjahr 1927 in einer Entschließung „die Reichsregierung zu ersuchen, den Reichssparkommissar mit der Nachprüfung der Aufgaben der Reichsstelle für Nachlässe und Nachforschungen im Ausland zu betrauen.“(4) Die Nachprüfung und Beratungen im Auswärtigen Amt führten zu dem Ergebnis, dass man die Aufgaben der Reichsnachlassstelle auch anderen Dienststellen und Privatorganisationen übertragen könnte, ohne dass dem Reich besondere Kosten entstehen. Laut Präsidialverordnung vom 30. Dezember 1927 wurde daraufhin die Reichsnachlassstelle am 31. Dezember 1927 aufgelöst.(5) Lediglich als Abwicklungsstelle setzte sie ihren Geschäftsbetrieb bis zum 31. März 1928 fort.(6) Im Einvernehmen mit den Regierungen der hauptbeteiligten deutschen Länder wurde vom Reichsminister des Auswärtigen eine vereinfachte Behandlung der von der Reichsnachlassstelle bearbeiteten Sachgebiete in die Wege geleitet. Nach den Runderlassen des Auswärtigen Amtes vom 14. März 1928 über die künftige Behandlung der Nachlässe im Ausland sollten die deutschen Auslandsvertretungen das Erforderliche in unmittelbarem Verkehr mit den beteiligten inneren deutschen Behörden selbst erledigen und grundsätzlich von einer Beteiligung des Auswärtigen Amts absehen. (7) Die umfangreichen Registraturen der Reichsnachlassstelle, die größtenteils aus Kartotheken bestanden, waren in zwei Abteilungen gegliedert: Die eine bestand aus dem Registraturgut der Nachlassabteilung (Na.), die andere aus den Schriftstücken aller übrigen Sachgebiete (A. Nf. Pst.). Der Zweiteilung der Registraturen lag eine Zweiteilung der Kanzleien zugrunde. Die Reichsnachlassstelle hatte sowohl das zu dem Ressort gehörige Schriftgut des umgebildeten Reichswanderungsamtes als auch die noch unter Verschluss von der Legationskasse des Auswärtigen verwahrten Nachlässe übernommen.1 Nachrichtenblatt des Reichswanderungsamtes 1923, S. 2102 Reichsgesetzblatt 1924 I, S. 4023 Auswärtiges Amt, Nr. 272614 Reichstagsdrucksache (Reichshaushalt) Nr. 1158 – 1160, Febr. 19275 Reichsgesetzblatt 1927 I, S. 46 Ministerialblatt, innere Verwaltung. 1928, S. 89/907 Justizministerialblatt 1928, S. 252 
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