Reichsgesundheitsamt

http://lod.ehri-project-test.eu/instantiations/de-002429-r_86-deu-de_1958_b81d3fdc_5040_44fb_a642_ae6796566b45_deu an entity of type: Instantiation

Reichsgesundheitsamt 
Geschichte des Bestandsbildners Geschichte und Organisation des Kaiserlichen Gesundheitsamtes/ Reichsgesundheitsamtes Mit der Gründung des Norddeutschen Bundes 1867 unterlag dem Bund die Beaufsichtigung der Maßregeln der Medizinal- und Veterinärpolizei (Artikel 4 Nr. 15 der Verfassung). Diese Zuständigkeit erhielt auch das Reich in der Verfassung von 1871, ohne jedoch über eine entsprechende Behörde zu verfügen. Den Forderungen von Medizinern und Verwaltung, eine zentrale Behörde zur Führung von Gesundheitsstatistiken, Vorbereitung von Gesundheitsgesetzen und Ausführung der Rechtsvorschriften einzurichten, kam Bismarck durch die Beauftragung der Wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen in Preußen entgegen, ein entsprechendes Gutachten zu erstellen, das im November 1871 vorgelegt wurde. Das Gutachten hielt allerdings die Errichtung einer zentralen Gesundheitsbehörde im Deutschen Reich mit exekutiver Gewalt ohne Ausdehnung der Kompetenzen des Reichs nicht für durchführbar. Erst eine Resolution des Bundesratsauschusses für Handel und Verkehr von 1873 und Beratungen im Reichstag im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Reichsimpfgesetzes von 1874 führten schließlich 1876 zur Gründung des Kaiserlichen Gesundheitsamtes mit Sitz in Berlin im Geschäftsbereich des Reichskanzleramtes, seit 1879 beim Reichsamt des Innern [Detailliert dazu: Stürzbecher, Manfred, 100 Jahre Forschung für die Gesundheit. Vom Kaiserlichen Gesundheitsamt zum Bundesgesundheitsamt, in: Die Berliner Ärztekammer, 13. Jahrgang, Heft 4, 1976, S. 147-154]. Neben den ursprünglichen Aufgaben der Vorbereitung der Gesetzgebung des Medizinal- und Veterinärwesens, Beobachtung der Durchführung der im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege getroffenen Maßnahmen und der Erstellung medizinischer Statistiken für das Reich übernahm das Amt Forschungsaufgaben. Die Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden der Bundesstaaten erforderte mehr Personal als im Haushalt vorgesehen war, so dass ab 1880 medizinische Sachverständige als außerordentliche Mitglieder für Sonderaufgaben ernannt wurden. Die Zunahme von Epidemien Ende des 19. Jahrhunderts führten zum Reichsseuchengesetz im Jahre 1900, das auch die Bildung eines Reichsgesundheitsrats beinhaltete. Dieser hatte das Kaiserliche Gesundheitsamt zur Bewältigung der Aufgaben zu unterstützen. Personal erhielt das Amt außerdem durch die Abordnung von Sanitäts- und Veterinäroffizieren des Heeres und der Marine. Den kontinuierlichen Ausbau des Kaiserlichen Gesundheitsamtes mit Personal, Grundstücken und Gebäuden unterbrach der Erste Weltkrieg. Die 1918 in Reichsgesundheitsamt umbenannte Einrichtung erhielt 1923 weitere Forschungskapazitäten durch die Eingliederung der Kaiser-Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen, 1924 wurde die Opiumstelle integriert. Ende 1924 übernahm das Amt das Sozialhygienische Archiv der Zentralstelle für Volkswohlfahrt. Neben Erweiterungen der Aufgabengebiete ging 1925 jedoch die Zuständigkeit der Medizinal- und Veterinärstatistik größtenteils an das Statistische Reichsamt über. Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurden strukturelle Änderungen an der Behörde vorgenommen und der Personalbestand erhöht. Es entstand u.a. eine Abteilung für Erb- und Rassenpflege. Die Einrichtungen der Kaiser-Wilhelms-Akademie wurden ausgegliedert, der Reichsgesundheitsrat wurde mit Ablauf der letzten Wahlperiode Ende 1933 nicht neu besetzt und das Preußische Institut für Infektionskrankheiten „Robert Koc" sowie die Preußische Landesanstalt für Wasser-, Boden- und Lufthygiene 1935 dem Reichsgesundheitsamt unterstellt. 1942 erhielten die beiden ehemals preußischen Einrichtungen als Reichsanstalten ihre Selbständigkeit zurück. Nach dem Zusammenbruch 1945 übernahm der Magistrat von Groß-Berlin kurz nach Kriegsende neben den beiden Reichsanstalten auch das Reichsgesundheitsamt mit Teilen des Personals in die Arbeitsgruppe B der Abteilung Gesundheitswesen zum Wiederaufbau einer medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Im Oktober 1945 entstand aus der Arbeitsgruppe B das Zentralinstitut für Hygiene und Gesundheitsdienst, 1948 nach Umstrukturierungen das Robert Koch Institut für Hygiene und Infektionskrankheiten. 1952 wurden schließlich die bis dahin unter der Verwaltung des Berliner Magistrats stehenden Einrichtungen im neu errichteten Bundesgesundheitsamt organisatorisch neu gegliedert. Leiter des Kaiserlichen Gesundheitsamtes/Reichsgesundheitsamtes 1876 - 1884 Direktor Heinrich Struck 1884 - 1885 kommissarische Leitung durch Robert Koch 1885 - 1905 Direktor, ab 1900 Präsident Karl Köhler 1905 - 1926 Präsident Franz Bumm 1926 - 1933 Präsident Carl Hamel 1933 - 1945 kommissarische Leitung, ab 1. Oktober 1933 Präsident Hans Reiter Abteilungen des Reichsgesundheitsamtes (Stand 1926) 1) Chemisch-hygienische Abteilung 2) Medizinische Abteilung 3) Veterinärabteilung 4) Bakteriologische Abteilung Abteilungen des Reichsgesundheitsamtes (Stand 1939) 1) Abteilung A, Humanmedizin 2) Abteilung B, Veterinärmedizin mit einer experimentellen Unterabteilung 3) Abteilung C, Chemie 4) Abteilung E, allgemeine und Arbeitshygiene 5) Abteilung F, Pharmakologie und Physiologie 6) Abteilung G, Arzneimittel und Opium 7) Abteilung J, Biochemie 8) Abteilung L, Erb- und Rassenpflege mit vier Unterabteilungen 1. Allgemeine und angewandte Erb- und Rassenpflege 2. Kriminalbiologische Forschungsstelle 3. Rassenhygienische und bevölkerungsbiologische Forschungsstelle 4. Erbwissenschaftliches Forschungsinstitut 9) Abteilung N, Ernährungsphysiologie 10) Abteilung V, Verwaltung Abteilungen des Instituts für Infektionskrankheiten „Robert Koc" (Stand 1939) 1) Seuchenbekämpfung 2) Untersuchungsstation 3) Tuberkulose 4) Pocken 5) Wutschutz 6) Serologie 7) Viruskrankheiten 8) Zellforschung 9) Tropenkrankheiten 10) Desinfektion 11) Koch-Museum Abteilungen der Landesanstalt für Wasser-, Boden und Lufthygiene (Stand 1939) 1) Trinkwasserversorgung, hygienisch 2) Trinkwasserversorgung, chemisch 3) Abwasserbeseitigung, chemisch 4) Wasserbiologie 5) Lufthygiene 6) Wasser- und Abwassertechnik 7) Hygienische Schädlingsbekämpfung Reichsgesundheitsrat (Stand 1920) Vorsitzender: Bumm, Präsident Stellvertretender Vorsitzender: Rubner, Preußischer Geheimer Ober-Medizinal-Rat Mitglieder: 92, in neun Ausschüsse: 1) Gesundheitswesen im Allgemeinen, insbesondere soweit Wohnung, Heizung, Lüftung, Beleuchtung, Bekleidung, Schule, Bäder, Bestattung und Beförderung von Leichen in Betracht kommen 2) Ernährungswesen - ausschließlich Fleischbeschau 3) Wasserversorgung und Beseitigung der Abfallstoffe, einschließlich der Reinhaltung von Gewässern 4) Gewerbehygiene 5) Seuchenbekämpfung, einschließlich Desinfektion 6) Heilwesen im Allgemeinen, insbesondere Unterbringung, Behandlung und Beförderung von Kranken, Angelegenheiten des Heilpersonals 7) Heilmittel, einschließlich des Verkehrs mit Giften 8) Schiffs- und Tropenhygiene 9) Veterinärwesen, einschließlich Tierseuchenstatistik, Angelegenheiten des Veterinärpersonals und Fleischbeschau Verbindungen zu weiteren Gesundheitseinrichtungen Den mangelnden Einfluss aufgrund fehlender exekutiver Zuständigkeiten glich das Reichsgesundheitsamt durch eine enge Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden auf landes- und kommunaler Ebene, privaten Verbänden und ausländischen Institutionen aus. Mitarbeiter nahmen Funktionen in Leitungsgremien von Gesundheitseinrichtungen war. Präsident Franz Bumm war in der Weimarer Republik u.a. • Vorsitzender des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose • Vorsitzender des Kuratoriums des Kaiserin-Auguste-Victoria-Hauses • Vorsitzender der Reichsanstalt zur Bekämpfung der Säuglings- und Kleinkindersterblichkeit • Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Säuglingsschutz • Stellvertretender Vorsitzender im Preußischen Roten Kreuz • Mitglied des Hauptvorstandes des Deutschen Roten Kreuzes • Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Zentralkomitees für Zahnpflege in Schulen • Ausschussmitglied in der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten • Ausschussmitglied in der Kaiserin-Friedrich-Stiftung für das ärztliche Fortbildungswesen Nach der Aufnahme des Deutschen Reichs in den Völkerbund wurde Präsident Hamel • Mitglied im Hygiene-Komitee des Völkerbundes und • Ständiger deutscher Vertreter beim Internationalen Gesundheitsamt in Paris Präsident Hans Reiter fungierte als • Hauptstellenleiter im Hauptamt für Volksgesundheit der NSDAP und • Mitglied des Sachverständigenbeirates für Volksgesundheit im Stabe des Stellvertreters des Führers • Leiter der Arbeitsgemeinschaft der ärztlichen wissenschaftlichen Gesellschaften und Vereine • Ständiger deutscher Vertreter beim Internationalen Gesundheitsamt in Paris 
Reichsgesundheitsamt 

data from the linked data cloud