Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen.- Planbestand
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Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen.- Planbestand
Geschichte des Bestandsbildners
Einleitung
Vorgeschichte bis 1933
Durch die rasche Zunahme des Autoverkehrs nach dem Ersten Weltkrieg ergab sich für den Straßenbau in Deutschland die Aufgabe, sich diesen neuen Erfordernissen zu stellen. Es ging darum, zügig die bestehenden Straßenverhältnisse zu verbessern und sie durch den Ausbau der bestehenden Landstraßen und den Bau von Autobahnen den neuen Anforderungen der zunehmenden Motorisierung anzupassen. Eine zeitgenössische Statistik zeigt, dass im Jahre 1924 in Deutschland jeder 321. Einwohner einen"Kraftwage" besaß, während zum gleichen Zeitpunkt in Frankreich auf jeden 90., in Großbritannien auf jeden 71. und in den USA bereits auf jeden 7. Einwohner ein Auto kam. Der private deutsche Fahrzeugpark im Land verdoppelte sich in den Jahren von 1923 bis 1926 von 100.340 Autos auf 206.456 Im Jahre 1933, nur sieben Jahre später, sind knapp 800.000 Kraftfahrzeuge in Deutschland zugelassen.
Allerdings hatte man sich schon viel früher über die Zukunft des Straßensystems Gedanken gemacht, der Bau der Berliner AVUS (Automobil-Verkehrs- und Übungs-Straße) 1921 sowie die Aktivitäten der Studiengesellschaft für Automobilstraßenbau (STUFA) spielten dabei eine besondere Rolle, letztere insbesondere, was den Ausbau der bestehenden Landstraßen betraf. Der Krieg und seine Folgen verhinderten jedoch bis Mitte der zwanziger Jahre eine Wiederaufnahme dieser Diskussion.
Mit der Gründung des Vereins HAFRABA und deren Übergang in die GEZUVOR nahmen besonders Pläne für die neuen Autobahnen Gestalt an, die nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten kurzerhand zu den"Straßen des Führer" erklärt wurden. Im Verlaufe ihrer Arbeit erstellte die HAFRABA etwa 70 Pläne für ein Autobahnnetz in Deutschland vor. Von vielen Ergebnissen ihrer komplexen Forschungen, Versuchsreihen, aber auch Studien für die Arbeitsbeschaffung für größere Mengen von Arbeitskräften konnten die späteren zentralen und territorialen Straßenbauverwaltungen profitieren.
Die bestehenden Verhältnisse hinsichtlich der Straßenverwaltung in der jeweils landeshoheitlichen Zuständigkeit einerseits und dem (Reichs-) Gesetzgeber andererseits sowie die zunehmende Blockierung der Straßenbaupläne aus Reichsbahn- und Finanzkreisen aber auch aus den Ländern und Provinzen erzwangen gewissermaßen die Notwendigkeit einer Neuorganisation des Straßenwesens in Deutschland, die nicht lange nach der Machtergreifung durch die Hitlerdiktatur auf sich warten ließ.
Adolf Hitler war noch keine zwei Wochen Reichskanzler, als er im Kabinett den Bau von kreuzungsfreien Autofahrbahnen zur Diskussion stellte. Schon am 11. Februar 1933 verkündete er die"Inangriffnahme und Durchführung eines großzügigen Straßenbauplane", mit dem sowohl ein modernes Verkehrssystem geschaffen werden als auch die Arbeitslosigkeit wirkungsvoll bekämpft werden sollte, erntete damit aber auch den Widerspruch von Reichsbahn-Generaldirektor Dorpmüller und Reichsfinanzminister Graf Schwerin von Krosigk. Zielstrebig diskutierte er dennoch mit Verkehrsexperten und führenden Vertretern der Wirtschaft über die Notwendigkeit von Autobahnen. In einem Gespräch am 6. April 1933 mit HAFRABA-Geschäftsführer Willy Hof ließ er sich ausführlich über die Pläne des Vereins informieren.
Schon am 27. Juni 1933 verkündete die Reichsregierung gegen den Willen der Reichsbahnvertreter die Bildung des Unternehmens"Reichsautobahne", welches zunächst als ein Zweigunternehmen der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft fungierte. Einen Tag später ernannte Hitler den linientreuen, hochintelligenten Bauingenieur Dr. Fritz Todt zum"Generalinspektor für das deutsche Straßenwese". Mit dem späteren"Erlass über den Generalinspektor für das deutsche Straßenwese" vom 30.11.1933 wurde Todt auch der Geschäftsbereich des Unternehmens"Reichsautobahne" übertragen. Im Erlass heißt es:"Für die Durchführung des Baues der Reichsautobahnen ... wird eine oberste Reichsbehörde mit dem Sitz in Berlin errichtet, deren Leiter die Amtsbezeichnung"Generalinspektor für das deutsche Straßenwese" erhält. Er wird vom Reichspräsidenten auf Vorschlag des Reichskanzlers ernannt und untersteht dem Reichskanzle".
Hitler war von der Eignung Todts überzeugt, nachdem er dessen so genannten"Braunen Berich", eine Denkschrift über"Straßenbau und Straßenverwaltun", in der Todt sich mit den bisherigen Verhältnissen des Straßenbaues in Deutschland auseinandersetzt und Zielstellungen für die Zeit des Nationalsozialismus formuliert, gelesen hatte.
Die neue Behörde hatte die Aufgabe, den Bau der"Reichsautobahne" und die Unterhaltung der Landstraßen, soweit sie bisher zur Zuständigkeit des Reichsverkehrsministers gehört hatten, zu organisieren.
Gesetzesgrundlagen
Schon das"Gesetz über die Errichtung eines Unternehmens Reichsautobahne" vom 27. Juni 1933, mehr noch die erste Verordnung dazu vom 7. August 1933 und das"Gesetz zur Änderung Gesetzes über die Errichtung eines Unternehmens Reichsautobahne" vom 18. Dezember 1933 schufen dem Generalinspektor ein Fundament an Vollmachten und Befugnissen, welches ihn in die Lage versetzte, die von der Reichsführung gestellten Ziele schnellstmöglich durchzusetzen. Dazu gehörten das Recht auf Linienführung und Ausgestaltung der Reichsautobahnen ebenso wie das Recht auf Gebührenerhebung, das Enteignungsrecht und die Übernahme der staatlichen Hoheitsrechte über die Autobahnen.
Mit dem"Gesetz über die einstweilige Neuregelung des Straßenwesens und der Straßenverwaltun" vom 26. März 1934 wurde zudem die Einteilung der Straßen in
1. Kraftfahrbahnen, später"Reichsautobahne",
2. Reichsstraßen,
3. Landstraßen I. Ordnung,
4. Landstraßen II. Ordnung
festgelegt sowie weitere Regelungen hinsichtlich der Verteilung der Straßenbaulast, die Verwaltung der Reichsstraßen und der Landstraßen I. Ordnung, der Straßenaufsicht usw. getroffen wurden. Eine weitestgehende Generalvollmacht wurde dem Generalinspektor mit der in § 1 niedergeschriebenen Formulierung"Der Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen bestimmt, welche Straßen den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegen und welche Straßen die Eigenschaften von Reichsstraßen und von Landstraßen I. und II. Ordnung haben" erteilt.
Die mit den genannten Gesetzesgrundlagen geschaffenen Voraussetzungen widerspiegelten sich sehr bald in Aufbau und Organisation der Dienststelle des Generalinspektors für das deutsche Straßenwesen.
Organisation und Struktur
So umfasste der Geschäftsbereich der Generalinspektors im Jahre 1934 die beiden großen Zuständigkeitsbereiche Landstraßen und Reichsautobahnen sowie sich daraus ergebende Verbindungen zu den 30 Obersten Straßenbaubehörden mit 176 Landesbau-, Straßen- und Flussämtern der Länder und Provinzen einerseits und den 15 Obersten Bauleitungen mit 65 Bauabteilungen für die Kraftfahrbahnen andererseits.
Daraus resultierte die innere Dienststellenstruktur wie folgt:
Dem Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen waren vier Abteilungen zugeordnet.
1. Abteilung Landstraßen (L),
2. Abteilung Verwaltung/Verwaltung (V),
3. Abteilung Forschung/Ausstellung/Kongress (F)
4. Abteilung Reichsautobahnen (A)
Weiterhin war dem Generalinspektor ein Landschaftsberater zugeordnet.
Den Abteilungen L und A waren neben einem gemeinsamen Presse- und Sozialpolitischen Referenten jeweils 5 Referenten (L1 bis L5 und A1 bis A5) unterstellt, deren Arbeitsgebiete sich auf die Zusammenarbeit mit den Straßenbaubehörden in Ländern und Provinzen sowie mit den Obersten Bauleitungen der Kraftfahrbahnen erstreckten. Danach ergaben sich folgende (territoriale) Zuständigkeiten:
Abteilung L - Landstraßen
L1: Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Westfalen, Rheinprovinz, Hessen-Kassel, Schaumburg-Lippe, Lippe-Detmold
L2:Bayern, Baden, Württemberg, Hohenzollern, Land Hessen, Hessen-Wiesbaden
L3:Thüringen, Land Sachsen, Oberschlesien, Niederschlesien, Ostpreußen
L4:Brandenburg, Grenzmark, Pommern, Mecklenburg, Schleswig-Holstein, Provinz Sachsen, Anhalt
L5:Allgemeine Angelegenheiten des Landstraßenwesens, Sonderaufgaben
Arbeitsbeschaffung
Abteilung A - Reichsautobahnen
A1:Bauleitungen Stettin, Hannover, Altona, Königsberg
A2:Bauleitungen Breslau, Dresden, Halle, Kassel
A3:Bauleitungen Essen, Köln, Frankfurt/Main
A4:Bauleitungen München, Stuttgart, Nürnberg
A5:Sonderaufgaben: Beleuchtung, Tankstellen, Baugrundfragen, Baukontrolle des Betondeckenbaus
Bereits im Sommer 1934 legte Todt einen ersten Bericht über die Tätigkeit seiner Behörde vor.
Eine Übersicht über die dem Generalinspektor unterstellten Straßenbaubehörden aus dem Jahre 1935 verdeutlicht das Streben nach einer stark zentralisierten Anbindung der Straßenbauaufgaben in Deutschland.
Nachdem durch eine Erklärung Hitlers am 30.1.1937 das Deutsche Reich die uneingeschränkte Hoheit über die Deutsche Reichsbahn wieder an sich genommen hatte und die Deutsche Reichsbahn durch das Gesetz vom 10.2.1937 in eine reine Reichsverwaltung umgewandelt worden war, sollten die Reichsautobahnen eine ähnliche Stellung erhalten wie die deutsche Reichsbahn. Dies geschah im"Gesetz zur Neuregelung der Verhältnisse der Autobah" vom 1. Juli 1938 und durch die"3. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Errichtung eines Unternehmens ‚Reichsautobahne"" vom 1. Juni 1938. Fritz Todt wurde zum Vorsitzenden des Vorstandes der Reichsautobahnen ernannt. Die Dienststellen der Gesellschaft wurden unmittelbare Reichsbehörden. Damit verlor das Unternehmen Reichsautobahnen seinen Charakter als Gesellschaft. Das in allen Behörden des"Dritten Reich" praktizierte"Führerprinzi" dominierte spätestens seit Erlass dieses Gesetzes auch die Organisation der Reichsautobahnen.
Mit dem schnellen Voranschreiten der politischen und wirtschaftlichen Prozesse in Deutschland, mit der Wiederaufrüstung, mit der Herstellung immer neuer politisch-organisatorischer Strukturen im Reichsgebiet, dem Einmarsch in Österreich und in das Sudetenland, mit der Errichtung des Westwalls nach der Besetzung des entmilitarisierten Rheinlandes und schließlich mit Beginn und Verlauf des Krieges bildeten sich immer neue und andere Organisationseinheiten und Arbeitsschwerpunkte innerhalb der Dienststelle heraus.
Die Obersten Bauleitungen der Reichsautobahnen wurden um gleichartige Behörden in den okkupierten Gebieten erweitert. In den Bau des Westwalls ab Mitte 1938 wurden die 22 Oberbauleitungen an der deutschen Westgrenze fest integriert, nachdem Hitler unter schweren Vorwürfen gegen den Generalstab des Heeres diese Aufgabe kurzerhand Todt übertrug - es war die Geburtsstunde der"Organisation Tod". Ihren ersten Sitz hatte sie als Abteilung West in Wiesbaden.
In den Akten des Generalinspektors für das deutsche Straßenwesen widerspiegelt sich vielfältig eine Aufgabenverflechtung mit anderen Ministerien (z.B. Reichsverkehrsministerium, Reichsfinanzministerium), der NSDAP sowie das Zusammenwirken mit vielen anderen Organisationen, so z.B. dem Nationalsozialistischen Bund Deutscher Technik (NSBDT), der Deutsche Arbeitsfront (DAF), dem Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps (NSKK) und dem Deutschen Automobilclub (DDAC) u.v.a.
Der Geschäftsverteilungsplan des Generalinspektors vom 28. Oktober 1938 bringt deutlich zum Ausdruck, dass man bereits auf Höhe der politischen Entwicklung war. Direkt dem Generalinspektor unterstellt waren jetzt nicht nur die 4 Abteilungen sondern auch drei weitere Geschäftsbereiche: Forschung, NSDAP-Verbindungen, Reichsverteidigung und Abwehr (vgl. Abb. Seite XII).
Fritz Todt hatte eine Vielzahl politischer Ämter inne. Seit 1933 war er nicht nur Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, sondern auch Leiter des Hauptamtes für Technik der NSDAP, 1938 wird er Generalbevollmächtigter für die Regelung der Bauwirtschaft, 1940 Reichsminister für Bewaffnung und Munition sowie Generalinspektor für die Sonderaufgaben im Vierjahresplan, 1941 Generalinspektor für Wasser und Energie. Auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere kommt Todt bei einem Flugzeugabsturz am 8. Februar 1942 nahe dem"Führerhauptquartie" bei Rastenburg/Ostpreußen ums Leben. Sein Amt übernimmt schon am 9. Februar 1942 Albert Speer.
Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen.- Planbestand