Reichspatentamt

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Reichspatentamt 
Geschichte des Bestandsbildners Rechtsgrundlagen Zu Beginn des 19. Jahrhunderts herrschte in Deutschland mit 29 verschiedenen Patentrechten bzw. Privilegienordnungen jeweils territorialer Wirkung eine große Rechtszersplitterung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes. Dieser Zustand wurde durch das von einer Patentkommission des Reichskanzleramts erarbeitete Patentgesetz vom 25. Mai 1877 (RGBl. S. 501) beendet. Dieses war mehr industrie- als erfinderfreundlich, denn der Erteilungsanspruch stand dem ersten Anmelder, nicht dem Erfinder zu, und Patente konnten gewerblich verwertet werden. Jedermann hatte das Recht auf Einsichtnahme in die Erteilungsunterlagen. Beschreibungen und Zeichnungen wurden von da an amtlich veröffentlicht. Obwohl die Möglichkeit der Lizenzerteilung an Dritte ohne Übertragung des Patentrechts vorgesehen war, unterlag der Patentinhaber drei Jahre nach der Erteilung einem indirekten Lizenzzwang. Die gesetzlichen Grundlagen für das Kaiserliche Patentamt bildeten das o.g. Patentgesetz und die Verordnung betreffend die Errichtung, das Verfahren und den Geschäftsgang des Patentamts vom 18. Juni 1877 (RGBl. S. 533). Der Patentschutz war aber noch nicht effektiv genug, und die Zahl der Anmeldungen stieg, so dass schon am 4. April 1891 ein neues Patentgesetz (RGBl. S. 79) erlassen wurde. In erster Linie verstärkte es die Rechte der Patentinhaber. Der Neuheitsbegriff im Sinne des § 2 des Gesetzes wurde eingeschränkt und unter bestimmten Voraussetzungen die Aussetzung der Bekanntmachung ermöglicht. Das Gesetz betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern vom 1. Juni 1891 (RGBl. S. 290) war eine Ergänzung des Patentgesetzes und trat ebenso wie dieses am 1. Oktober 1891 in Kraft. Es war notwendig geworden, da das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen vom 11. Januar 1876 (RGBl. S. 11) nur die sogenannten Geschmacksmuster, jedoch nicht die zur Steigerung der Gebrauchsfähigkeit dienenden Modelle (Gebrauchsmuster) schützte. Eine weitere Vereinheitlichung des gewerblichen Rechtsschutzes brachte das Gesetz zum Schutz der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 (RGBl. S. 441). Auf diesem Gebiet hatte es bis 1874 lediglich regionale Zeichenrechte gegeben. Das Gesetz über den Markenschutz vom 30. November 1874 (RGBl. S. 1943) hatte die Zuständigkeit für die Registrierung den Amtsgerichten zugewiesen. Nun oblag auch diese Aufgabe dem Patentamt. Das Gesetz betreffend die Patentanwälte vom 21. Mai 1900 (RGBl. S. 233; neugefasst durch das Patentanwaltsgesetz vom 28. September 1933 (vgl. RGBl. II S. 669) führte eine Liste von berufsmäßigen Vertretern im Verfahren vor dem Patentamt, eine Prüfungskommission und einen Ehrengerichtshof für Patentanwälte ein. Starke Reformbestrebungen seit ca. 1900, die 1913 zu einem Entwurf der Reichsregierung für ein neues Patentgesetz nebst Gebrauchsmustergesetz führten, wurden durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges unterbrochen. Sie wurden ab 1927 wieder aufgenommen, konnten auf Grund der innenpolitischen Verhältnisse aber nicht sofort durchgeführt werden und fanden ihren Abschluss erst in den Gesetzen über den gewerblichen Rechtsschutz vom 5. Mai 1936. Das Patentgesetz vom 5. Mai 1936 (RGBl. II S. 117) brachte hauptsächlich dem Erfinder zugute kommende Änderungen, darunter die Ersetzung des Anmelderprinzips durch das Erfinderprinzip, die Unterstützung mittelloser Erfinder und eine Neuheitsschonfrist. Das Patentrecht sollte das geistige Eigentum des Erfinders schützen. Durch das Gebrauchsmustergesetz vom 5. Mai 1936 (RGBl. II S. 130) wurden das materielle Gebrauchsmusterrecht und das Verfahrensrecht an das Patentgesetz angeglichen. Auch das neue Warenzeichengesetz vom 5. Mai 1936 (RGBl. II S. 134) brachte verschiedene Neuerungen. Im Zweiten Weltkrieg gab es neben der Einführung von Geheimpatenten und eingeschränkten Beschwerdemöglichkeiten auch im Interesse der Rüstungswirtschaft stehende Fortschritte im Arbeitnehmererfinderrecht. Aufgaben des Patentamts Die wesentlichen Aufgaben des Patentamts waren die Erteilung von Patenten und die Entscheidung über die Erklärung der Nichtigkeit bzw. die Zurücknahme von Patenten sowie die Erteilung von Zwangslizenzen. Daraus ergab sich eine Doppelfunktion sowohl als Verwaltungsbehörde als auch als gerichtliche Instanz. Eine Möglichkeit der Berufung gegen Nichtigkeitsbeschlüsse bestand beim Reichsoberhandelsgericht in Leipzig, ab dem 1. Oktober 1879 beim Reichsgericht. Einen besonderen Aufgabenbereich des Reichspatentamts in der Zeit des Zweiten Weltkriegs bildete die Vergeltung von Patenten. Auf der Grundlage des § 26 der Verordnung über die Behandlung feindlichen Vermögens vom 15. Januar 1940 (RGBl I S. 191) erließ der Reichsjustizminister in den folgenden Jahren mehrere Verordnungen über gewerbliche Schutzrechte bzw. Urheberrechte ausländischer Staatsangehöriger. Wurden deutschen Staatsangehörigen oder Unternehmen auf Grund fehlender bilateraler Abkommen oder Verträge auf der Grundlage von Ausnahmegesetzen Beschränkungen in der Nutzung von ausländischen Patenten auferlegt und in der Vergeltung ihrer eigenen Patente durch ausländische Firmen eine gegenüber den Bürgern dieser ausländischen Staaten abweichende Behandlung zuteil, so wurden sie für entstandene finanzielle Schäden durch das Deutsche Reich vergolten. An den in Deutschland wirksamen Schutzrechten ausländischer Staatsangehöriger konnten zur Wahrung allgemeiner Belange Ausübungsrechte an deutsche Firmen erteilt werden. Außerdem bestand die Möglichkeit, Patenterteilungen auszusetzen bzw. Gebrauchsmuster und Warenzeichen einzutragen. Die entsprechenden Anordnungen wurden vom Präsidenten des Reichspatentamts getroffen, gegen dessen Entscheidung keine Beschwerde möglich war. Organisation Zu Beginn seiner Tätigkeit gliederte sich das Patentamt in sechs Anmeldeabteilungen (für Patentanmeldungen) und eine Nichtigkeitsabteilung. Es gab keine eigenen Beschwerdeabteilungen, denn über Beschwerden gegen Beschlüsse einer Anmeldeabteilung entschied jeweils eine der anderen Anmeldeabteilungen. Das Patentgesetz von 1891 schuf erstmals die klare funktionelle Trennung von Anmelde-, Beschwerde- und Nichtigkeitsabteilungen sowie ein Vorprüfverfahren durch Mitglieder der Anmeldeabteilungen. Durch das Gebrauchsmustergesetz von 1891 wurde die Einrichtung einer Anmeldestelle für Gebrauchsmuster notwendig. Jedoch fand das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten statt. Das Warenzeichengesetz von 1894 führte zur Errichtung von Warenzeichenabteilungen. Am 31. Oktober 1917 wurde das Patentamt aus dem Geschäftsbereich des Reichsamts des Innern ausgegliedert und dem Reichsjustizamt nachgeordnet. Am 24. März 1919 erhielt es die Bezeichnung"Reichspatentam" (RPA). 1926 wurde beim Reichspatentamt der Große Senat gebildet, der die Entscheidungsbefugnis über grundsätzliche Rechtsfragen erhielt. Die Gesetze über den gewerblichen Rechtsschutz von 1936 bewirkten folgende organisatorische Veränderungen: Im Patentbereich wurden die Anmelde-, Beschwerde- und Nichtigkeitsabteilungen in Senate umbenannt, an deren Spitze Senatspräsidenten standen. Im Warenzeichenbereich gab es fortan Warenzeichenabteilungen und Beschwerdesenate. Im Gebrauchsmusterbereich ging die Zuständigkeit für Gebrauchsmusterlöschungsverfahren von den Zivilgerichten auf das Patentamt über. Daher gab es neben der Gebrauchsmusterstelle, die für Anmeldungen zuständig war, auch Gebrauchsmusterabteilungen, die mit Löschungen befasst waren. Durch eine Verordnung vom 17. Juni 1938 (RGBl. I S. 638) wurden das österreichische Patentamt und der österreichische Patentgerichtshof mit Wirkung vom 1. Juli 1938 übernommen und als Zweigstelle Österreich dem Reichspatentamt angegliedert. Die Zweigstelle wurde allerdings durch Erlass des Reichsjustizministers vom 23. Dezember 1941 (s."Deutsche Justi" 1942, S. 13) zum 31. März 1942 wieder aufgelöst (vgl. R 131/587-589, 794-796, 1021-1025). Im April 1945 stellte das Reichspatentamt seine Arbeit ein. Bedingt durch die Folgen des Zweiten Weltkrieges entwickelten sich in beiden deutschen Staaten separate Patentämter, in der Bundesrepublik Deutschland das Deutsche Patentamt (DPA) mit Sitz in München sowie einer Außenstelle in Berlin und in der Deutschen Demokratischen Republik das Amt für Erfindungs- und Patentwesen (AfEP). Personelle Entwicklung im Patentamt Bei der personellen Besetzung des Patentamts unterschied man neben dem Vorsitzenden, der seit der Bekanntmachung vom 26. Oktober 1882 den Titel"Präsiden" führte, zwischen ständigen und nicht ständigen Mitgliedern sowie den"sonstige" Bediensteten (Hilfskräften). Es gab zum einen rechtskundige, d.h. zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst befähigte, zum anderen technische, d.h. in einem Bereich der Technik sachverständige, Mitglieder, die sämtlich in den Anfangsjahren des Patentamts nebenberuflich tätig waren. Im Jahr 1877 beschäftigte das Patentamt insgesamt 39 Personen. Im Zuge des Personalausbaus erhöhte sich zwar die Zahl der Beschäftigten von 39 (1877) auf 172 (1889), jedoch stieg die Mitgliederzahl nur von 22 auf 36. Der Grund dafür war das verstärkte Einstellen technischer Hilfsarbeiter (wissenschaftlicher Hilfskräfte). Als Folge der Neugestaltung durch das Patentgesetz von 1891, welches auch die Berufung der Mitglieder auf Lebenszeit brachte, wuchs der Personalbestand von über 600 (1900) auf annähernd 1.000 Personen (1914) an. Dabei vergrößerte sich die Zahl der Techniker im Vergleich zu den Juristen immer stärker. Im Ersten Weltkrieg wurden vermehrt weibliche Arbeitskräfte als Hilfskräfte eingestellt. Nach dem Krieg erreichte man den Stand von 1914 erst wieder im Jahr 1926 mit rund 1.000 Bediensteten. Ab 1930 setzte eine rasche Vergrößerung des Personalbestands ein, der seine Höchstzahl 1939 mit ca. 1.900 Personen erreichte. Internationale Zusammenarbeit : Auf internationaler Ebene kam es zur ersten Zusammenarbeit anlässlich der"Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentum" vom 20. März 1883 (vgl. R 131/1049-1052, 1055). Dieser trat Deutschland allerdings erst mit Wirkung vom 1. März 1903 bei. Seitdem galt die Übereinkunft als innerdeutsches Recht. Ihre wichtigsten Bestimmungen waren die Unionspriorität und die Inländerbehandlung aller Unionsangehörigen. Diese Handhabung galt seit der Revision von 1911 auch für Gebrauchsmuster und Warenzeichen. Von besonderer Bedeutung ist außerdem das"Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Fabrik- und Handelsmarke" vom 14. April 1891 (vgl. R 131/1040, 1077-1081), dem Deutschland 1924 beitrat. Dies führte zur Bildung der Markenstelle für internationale Markenregistrierung beim Reichspatentamt. 
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