SS- und Polizeigerichtsbarkeit

http://lod.ehri-project-test.eu/instantiations/de-002429-ns_7-deu-de_1958_a864e26f_a271_44b3_9371_b4f7d3652309_deu an entity of type: Instantiation

SS- und Polizeigerichtsbarkeit 
Geschichte des Bestandsbildners Kurzfassung: In den Jahren 1933-1934 erhielt die SS eine eigene Disziplinargerichtsbarkeit, für die - wie auch für die Ehrengerichtsbarkeit - das dem Reichsführer-SS direkt unterstellte SS-Gericht als oberste Dienststelle zuständig war. In Konkurrenz zur Kriegsgerichtsbarkeit wurde durch Verordnung vom 17. Oktober 1939 eine Sonderstrafgerichtsbarkeit der SS und Polizei eingerichtet, der auch die Angehörigen der Waffen-SS, der Polizei und ihrer Hilfsverbände sowie die Bewohner einiger besetzter Gebiete unterworfen waren. Zentralinstanz der SS- und Polizeigerichtsbarkeit wurde 1939 das Hauptamt SS-Gericht, dem das Oberste SS- und Polizeigericht angeschlossen war. Langfassung: Aufgaben und Organisation Die Anfänge der SS-Gerichtsbarkeit Seit mit der Aufstellung der SS-Verfügungstruppe im Herbst 1934 und Frühjahr 1935 die Aussicht auf eine Erweiterung dieser stehenden Truppe zu einer eigenen SS-Division im Kriegsfall bestand, wurden in der Reichsführung der SS Pläne zur Einrichtung einer eigenen Strafgerichtsbarkeit nach dem Vorbild der Wehrmachtgerichtsbarkeit erwogen. Konkrete Gestalt nahmen diese Pläne aber erst im Herbst 1936 an, als im SS-Gericht, zeitgleich mit der Entstehung der"Inspektion der SS-Verfügungstrupp" im SS-Hauptamt, eine Rechtshauptabteilung unter der Leitung des späteren stellvertretenden Chefs des Hauptamtes SS-Gericht, Dr. Günther Reinecke, gebildet wurde. Deren besondere Aufgabe war es, die Vorarbeiten zur Einführung einer militärischen Gerichtsbarkeit für die SS-Verfügungstruppe analog zur Wehrmachtgerichtsbarkeit durchzuführen. Schon im Herbst 1932 hatte der damalige Leiter der Polizeiabteilung des Reichsführers-SS, SS-Standartenführer Paul Scharfe, vom Reichsführer-SS, Heinrich Himmler, den Auftrag erhalten, in der Reichsführung der SS eine Oberste Disziplinarstelle einzurichten: das SS-Gericht. Dieses war dem Reichsführer-SS von Anfang an unmittelbar unterstellt und gehörte als Abteilung III zu seinem Stab. Ende Juni 1933 wurde Paul Scharfe zunächst mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Chefs des SS-Gerichtes beauftragt und Anfang August 1933 schließlich zum Chef des SS-Gerichtes ernannt. Mit der Neugliederung der Reichsführung der SS im Januar 1935 wurde im SS-Hauptamt in Berlin ein dem SS-Gericht nachgeordnetes SS-Gerichtsamt gegründet und zu dessen Chef alsbald der spätere SS-Richter beim Reichsführer-SS, Horst Bender, ernannt. Im Sommer 1935 wurde das SS-Gerichtsamt im SS-Hauptamt aufgelöst und das SS-Gericht in München exklusiv für alle Rechtsangelegenheiten der SS zuständig. Im SS-Hauptamt verblieb in Person des ehemaligen evangelischen Pfarrers Martin Tondock lediglich ein dem SS-Gericht unterstehender Verbindungsführer zum Reichsführer-SS. Dieser sollte in allen die SS-Gerichtsbarkeit berührenden Fragen die Verbindung zu den damaligen drei Hauptämtern der SS sowie zu Parteidienststellen und Behörden aufrechterhalten. Im April 1936 erhielt das SS-Gericht die organisatorische Gestalt, die es, abgesehen von der Einrichtung der eingangs erwähnten Rechtshauptabteilung im Herbst 1936, bis zu seiner Erhebung zum selbständigen Hauptamt SS-Gericht im Juni 1939 unverändert beibehalten sollte (vgl. NS 7/2, Bl. 42-44, Organigramm: Stand: 1. April 1936): Der Chef des SS-Gerichtes : SS-Brigadeführer Paul Scharfe (Amtschef) Stabsführer (Verwaltungsführer): SS-Hauptsturmführer Wilhelm Meske (Hauptabteilungsleiter) SS-Untersturmführer Walter Mengden (Referent) Kanzlei : SS-Hauptscharführer Richard Reichert (Referent) SS-Unterscharführer Hans Saller (Schreiber) Verbindungsführer Berlin : SS-Hauptsturmführer Martin Tondock (Hauptabteilungsleiter) SS-Unterscharführer Fritz Geike (Schreiber) Hauptabteilung I : SS-Hauptsturmführer Emil Büchs (Hauptabteilungsleiter) Abteilung Ia Zuständigkeit: Disziplinar- und Beschwerdefälle sowie Ehrenangelegenheiten im Bereich der Oberabschnitte Süd, Main und Beschwerden gegen Entscheidungen des SS-Gerichtes aus dem Bereich der Abteilung Ib: SS-Hauptsturmführer Emil Büchs (s.o.) SS-Unterscharführer Seufert (Referent) Abteilung Ib Zuständigkeit: Disziplinar- und Beschwerdefälle sowie Ehrenangelegenheiten im Bereich der Oberabschnitte Elbe, Südost und Beschwerden gegen Entscheidungen des SS-Gerichtes aus dem Bereich der Abteilung Ia: SS-Untersturmführer Horst Kunz (Abteilungsleiter) Nachfolger (20.8.1936): SS-Hauptscharführer Dr. Leo Ernst SS-Oberscharführer Robert Weber (Referent) Hauptabteilung II : SS-Obersturmführer Dr. Günther Reinecke (Hauptabteilungsleiter) Nachfolger (20.8.1936): SS-Obersturmführer Eberhard Hinderfeld Abteilung IIa Zuständigkeit: Disziplinar- und Beschwerdefälle sowie Ehrenangelegenheiten im Bereich der Oberabschnitte Südwest, Rhein und Beschwerden gegen Entscheidungen des SS-Gerichtes aus dem Bereich der Abteilung IIb: SS-Obersturmführer Dr. Günther Reinecke (s.o.) Nachfolger (20.8.1936): SS-Obersturmführer Eberhard Hinderfeld SS-Oberscharführer Dr. Leo Ernst (Referent) Nachfolger (20.8.1936): SS-Hauptscharführer Franz Klebensberger Abteilung IIb Zuständigkeit: Disziplinar- und Beschwerdefälle sowie Ehrenangelegenheiten im Bereich der Oberabschnitte West, Nordwest und Beschwerden gegen Entscheidungen des SS-Gerichtes aus dem Bereich der Abteilung IIa: SS-Untersturmführer Bruno Kegel (Abteilungsleiter) SS-Mann Dietrich (Referent) Hauptabteilung III : SS-Hauptsturmführer Heinrich Knote (Hauptabteilungsleiter) Abteilung IIIa Zuständigkeit: Disziplinar- und Beschwerdefälle sowie Ehrenangelegenheiten im Bereich der Oberabschnitte Nord, Nordost und Beschwerden gegen Entscheidungen des SS-Gerichtes aus dem Bereich der Abteilung IIIb: SS-Hauptsturmführer Heinrich Knote (s.o) (Referentenstelle unbesetzt) Abteilung IIIb Zuständigkeit: Disziplinar- und Beschwerdefälle sowie Ehrenangelegenheiten im Bereich der Oberabschnitte Ost, Mitte und Beschwerden gegen Entscheidungen des SS-Gerichtes aus dem Bereich der Abteilung IIIa: SS-Obersturmführer Eberhard Hinderfeld (Abteilungsleiter) Nachfolger (20.8.1936): SS-Untersturmführer Horst Kunz (Referentenstelle unbesetzt) Rechtshauptabteilung: SS-Obersturmführer Dr. Günther Reinecke (Hauptabteilungsleiter) (20.8.1936) SS-Oberscharführer Dr. Erich Klahre (Abteilungsleiter) (1.10.1936) SS-Oberscharführer Ulrich Dümichen (Abteilungsleiter) (1.10.1936) Vor der Einführung der militärischen Strafgerichtsbarkeit für die bewaffneten Verbände von SS und Polizei im Oktober 1939 erstreckte sich die Zuständigkeit des SS-Gerichtes im Rahmen des Disziplinarwesens der Allgemeinen SS auf die Untersuchung und Bearbeitung folgender Fälle (vgl. "Alquen, Gunter: Die SS. Geschichte, Aufgabe und Organisation der Schutzstaffeln der NSDAP, Berlin 1939, S. 21): · Disziplinar- und Beschwerdefälle nach der SS-Disziplinarstraf- und Beschwerdeordnung, die dem in der Wehrmacht geltenden Disziplinarstrafrecht nachgebildet war; · Ehrenschutzangelegenheiten (Schied- und Ehrenverfahren) nach der Schied- und Ehrengerichtsordnung der SS; · Disziplinar- und strafrechtliche Gnadensachen. · · Das SS-Gericht, dem die Disziplinar- und Rechtsstellen der SS-Einheiten vom SS-Oberabschnitt bis zur SS-Standarte nachgeordnet und fachlich unterstellt waren, stellte dabei kein Gericht im eigentlichen Sinne dar, dessen Entscheidungen sich auf ein Gesetz gegründet hätten und durch einen Kollegiumsbeschluss zustande gekommen wären. Allein maßgeblich bei der Beurteilung der Fälle waren die vom Reichsführer-SS erlassenen Vorschriften sowie nationalsozialistisch-weltanschauliche und soldatische Grundsätze (vgl. Organisationsbuch der NSDAP [1936], S. 422, und NS 7/8, Bl. 4). · · Ende Februar 1937 wurde Horst Bender im SS-Hauptamt als Disziplinarsachbearbeiter unter der fachlichen Dienstaufsicht des SS-Gerichtes zur Inspektion der SS-Verfügungstruppe versetzt und galt deshalb, rückschauend betrachtet, als zeitlich erster Richter der SS-Verfügungstruppe. · · Als sich ein Jahr darauf, Anfang März 1938, bei der Akademie für Deutsches Recht eine Arbeitsgemeinschaft für Fragen der Strafgerichtsbarkeit der SS und des Reichsarbeitsdienstes konstituierte, konnte immerhin schon über den Entwurf einer SS-Strafgerichtsordnung, das heißt: einer Verfahrensordnung für die geplanten SS-Gerichte, diskutiert werden. Nachdem der Reichsjustizminister bereits im Mai 1938 seine Zustimmung signalisiert hatte, wurde in der Arbeitsgemeinschaft im November 1938 bekannt, dass auch Adolf Hitler die Notwendigkeit einer eigenen SS-Gerichtsbarkeit anerkannt habe. · · Bereits im Dezember 1938 begann daraufhin die Ausbildung des nicht-richterlichen Personals für die Geschäftsstellen der SS-Gerichte. Seit Mitte Februar 1939 existierte ein Haushaltsvoranschlag des Verwaltungschefs der SS für die SS-Strafgerichtsbarkeit. · · Anfang März 1939 wies der Chef des SS-Gerichtes, SS-Gruppenführer Scharfe, die Dienststellen der SS schließlich an, die zum Richteramt befähigten Juristen ihrer Einheiten auf die Laufbahn als richterliche SS-Justizführer in der zukünftigen SS-Strafgerichtsbarkeit hinzuweisen und sie zu Bewerbungen aufzufordern. · · Die geeignet erscheinenden Bewerber bereitete man in zweiwöchigen Lehrgängen an der SS-Führerschule in Dachau auf ihre zukünftige Tätigkeit vor, wobei auf Anregung der Lehrgangsteilnehmer auch das nahegelegene Konzentrationslager besichtigt wurde. Am 15. August 1939 wurden die Teilnehmer dieses Lehrgangs zu richterlichen SS-Justizführern in der SS-Verfügungstruppe ernannt. Ihre Ernennungsurkunden unterzeichnete Adolf Hitler persönlich (vgl. R 43 II/1204b und 1206). · · Am 1. Juni 1939 erhob man das SS-Gericht zum selbständigen Hauptamt SS-Gericht (vgl. NS 19/3901, Bl. 77). Es bildete fortan die Zentralstelle und Ministerialinstanz für die Sonderstrafgerichtsbarkeit der SS und Polizei. Gegliedert war das Hauptamt in das SS-Rechtsamt unter Leitung des SS-Sturmbannführers Dr. Günther Reinecke und in das SS-Disziplinaramt unter Leitung des SS-Sturmbannführers Eberhard Hinderfeld. · · Noch ehe am 30. Oktober 1939 die Verordnung des Ministerrats für die Reichsverteidigung über eine Sondergerichtsbarkeit in Strafsachen für Angehörige der SS und für die Angehörigen der Polizeiverbände bei besonderem Einsatz vom 17. Oktober 1939 in Kraft trat, hatte Adolf Hitler am 25. Juni 1939, nach einem Vortrag des Reichsführers-SS auf dem Obersalzberg, die sofortige Aufstellung der ersten Kriegsgerichte bei den SS-Divisionen"Verfügungstrupp" und"Totenkopfverbänd" sowie bei den mobilen Polizeiverbänden im"Reichsprotektorat Böhmen und Mähre" befohlen (vgl. R 43 II/1204a, Bl. 49). · · Unmittelbar danach wurde der SS-Sturmbannführer Horst Bender von der Inspektion der SS-Verfügungstruppe zum Hauptamt SS-Gericht kommandiert, um aufgrund seiner Erfahrungen bei der Truppe das Gericht der SS-Verfügungstruppen-Division aufzubauen und zu leiten. · · · Die Dienststelle des SS-Richters beim Reichsführer-SS · · Horst Benders Erfahrungen und seine Vertrautheit mit der SS-Verfügungstruppe waren es auch, die Anfang Mai 1940, kurz vor dem Westfeldzug, dazu führten, dass er als Divisionsrichter der SS-Verfügungstruppen-Division abgelöst und vom Chef des Hauptamtes SS-Gericht als SS-richterlicher Verbindungsführer zum Persönlichen Stab des Reichsführers-SS kommandiert und in dessen Feldkommandostelle entsandt wurde. · · Aus dieser Verwendung entwickelte sich bis 1942 eine Dienststelle, auf der zunächst zwei, schließlich fünf SS-Richter arbeiteten. Deren Aufgabe bestand darin, dem Reichsführer-SS die vom Hauptamt SS-Gericht bearbeiteten und begutachteten Urteile der SS- und Polizeigerichte in seinen während des Krieges laufend wechselnden Quartieren vorzulegen. In seiner Eigenschaft als Gerichtsherr der SS- und Polizeigerichtsbarkeit hatte Heinrich Himmler diese Urteile endgültig zu entscheiden. · · Dabei standen Himmler seit dem 18. April 1940 dieselben Befugnisse zu wie den Oberbefehlshabern der drei Teilstreitkräfte der Wehrmacht: Nicht nur sämtliche Urteile gegen Offiziere der Waffen-SS und Polizei bedurften der Entscheidung durch den Reichsführer-SS, sondern auch alle wesentlichen Gnadenentscheidungen, insbesondere über Todesurteile. · · Die Dienststelle des"SS-Richters beim Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polize" gehörte zunächst noch zum Hauptamt SS-Gericht. Ende März 1942 übernahm sie auch die Funktion des bis dahin bestehenden Verbindungsamtes Berlin des Hauptamtes SS-Gericht. Im April 1942 wurde sie dann aber in die Stabsabteilung der Waffen-SS beim Persönlichen Stab des Reichsführers-SS eingegliedert. · · Am 8. August 1942 wurde Horst Bender rückwirkend zum Leiter der"Hauptabteilung SS-Richter im Amt Stabsführung des Persönlichen Stabes Reichsführer-S" ernannt. Der Bezugspunkt der Arbeit der Dienststelle blieb aber das Hauptamt SS-Gericht in München. · · Während Horst Bender sich den wesentlichen Teil der Zeit auf der jeweiligen Feldkommandostelle Heinrich Himmlers aufhielt und dort arbeitete, befand sich die eigentliche Dienststelle des SS-Richters beim Reichsführer-SS in der Wilhelmstraße 28 in Berlin. Sie war räumlich und sachlich getrennt vom Persönlichen Stab des Reichsführers-SS und verfügte über eine eigene Registratur und Aktenablage. Dort arbeiteten die übrigen sachbearbeitenden SS-Richter, soweit sie nicht zum Vortrag zur Feldkommandostelle befohlen waren. · · · Das Hauptamt SS-Gericht während des Krieges · · Die organisatorischen Veränderungen des Hauptamtes SS-Gericht in der Folgezeit ergaben sich aus seinen veränderten und erweiterten Aufgaben. So bestand seit Mai 1940 ein zunächst noch dem SS-Rechtsamt zugeordnetes Straflager der SS und Polizei in Dachau, in dem sich die zu Gefängnisstrafen verurteilten Angehörigen der SS und Polizei in einer Abteilung G und die zu Zuchthausstrafen Verurteilten in einer Abteilung Z befanden. · · Die Schaffung eines SS-eigenen Strafvollzuges zur Verwirklichung eigener Erziehungsideale auch bei Straffälligen gehörte zu den wesentlichen Zielen der SS- und Polizeigerichtsbarkeit während des Krieges. Ende März 1941 wurden daher das Gnadenwesen und der Strafvollzug in einem eigenen Amt zusammengefasst. Das Hauptamt SS-Gericht gliederte sich nun folgendermaßen: · · Amt I - Recht und Rechtspflege (SS-Sturmbannführer Dr. Reinecke), · Amt II - Organisation, Personal und Verwaltung, Disziplinar- und Beschwerdewesen (SS-Sturmbannführer Hinderfeld), · das neugeschaffene Amt III - Gnadenwesen, Strafvollstreckung, Strafvollzug, das bis zu dessen plötzlichem Tod im September 1941 von SS-Sturmbannführer Bruno Kegel geleitet und dann von SS-Sturmbannführer Günther Burmeister übernommen wurde (vgl. NS 19/1916, Bl. 88). Im März 1941 begannen auch die Vorarbeiten zum Aufbau des Strafvollzugslagers der SS und Polizei in Danzig-Matzkau, in dem ab März 1942 alle Gefängnisstrafen verbüßt wurden, während in Dachau die Straflagerverwahrung der zu Zuchthausstrafen Verurteilten stattfand. Die nächste Neugliederung des Hauptamtes SS-Gericht erfolgte in der ersten Augusthälfte 1942, nach dem Tod des ersten Hauptamtschefs, SS-Obergruppenführer Paul Scharfe, am 29. Juli 1942, und noch ehe dessen Nachfolger, SS-Gruppenführer Franz Breithaupt, gemäß der"Grundsätzlichen Richtlinie Nr. " des Reichsführers-SS,"dass niemals ein Jurist Chef des SS-Gerichtes sein dar" (vgl. NS 19/1913, Bl. 9), sein Amt angetreten hatte. Auf Antrag des Chefs des Amtes I im Hauptamt SS-Gericht, SS-Obersturmbannführer Dr. Günther Reinecke, genehmigte Heinrich Himmler die Schaffung eines neuen Amtes IV - Inspektion - unter der Leitung des SS-Sturmbannführers Dr. Hans-Bernhard Brauße. Zugleich wurde die Leitung des Amtes I mit dem ständigen Vorsitz im Obersten SS- und Polizeigericht verkoppelt. Letzteres war im Juni 1940 beim Hauptamt SS-Gericht in München eingerichtet worden, zunächst nur auf Kriegsdauer zugestanden, 1942 aber schließlich mit Friedensplanstellen etatisiert. Beide Maßnahmen dienten demselben Zweck: der Vereinheitlichung der Rechtsanschauungen und der Rechtsprechung und damit insgesamt der Einheitlichkeit der Strafrechtspflege von SS und Polizei. Zu einem der ernstesten Probleme der jungen Sonderstrafgerichtsbarkeit von SS und Polizei wurde die Gewinnung geeigneten Richternachwuchses. Mit dem Amtsantritt von Franz Breithaupt als Chef des Hauptamtes SS-Gericht gingen daher auch die Zuständigkeiten für das gesamte Personalwesen und die Gerichtsorganisation vom Amt II auf das Amt I über. Dieses erhielt im Januar 1944 schließlich auch die Bezeichnung"Rechtsführung und Persona", während das Amt II wieder wie 1939 ein reines Disziplinaramt wurde. Auch außerhalb der Strafgerichtsbarkeit, nämlich auf den wichtigen Gebieten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (Personenstandsrecht) und des Zivilrechts (Rechtsbetreuung der SS-Männer), eröffnete sich der SS- und Polizeigerichtsbarkeit schließlich ein dankbares Betätigungsfeld, das weitere Neuorganisationen im Juli 1943 und im Januar 1944 notwendig machte. Diese betrafen allerdings jeweils nur die Ämter I und IV (vgl. NS 7/11, Bl. 90ff., und NS 7/8, Bl. 22f.). Zuletzt wurde im Mai 1944 im Zuge der um sich greifenden Ermittlungen in Korruptions- und Konzentrationslagerverbrechen im Amt I des Hauptamtes SS-Gericht eine Hauptabteilung Ig eingerichtet. Diese sollte die Funktion einer"Generalstaatsanwaltschaf" ausüben und die Untersuchungsführung in Ermittlungsverfahren innerhalb der gesamten SS- und Polizeigerichtsbarkeit zentral koordinieren und kontrollieren (vgl. NSD 41/18: Sammelerlasse 1944, Ziff. 77). Spiegelbildlich dazu wurde beim Hauptamt SS-Gericht ein ständiges SS- und Polizeigericht z.b.V. eingerichtet, das dem"Zentralgericht des Heere" (ZdH) nachgebildet war und für alle Strafsachen von besonderer Bedeutung zuständig sein sollte (vgl. NS 7/128). Bei allen organisatorischen Veränderungen des Hauptamtes SS-Gericht während des Krieges ist - auch im Hinblick auf Wesen und Wirksamkeit der SS- und Polizeigerichtsbarkeit - zu beachten, dass die Dienststelle bis zum Ende ein Provisorium blieb, das ständigem Wandel unterlag. Feste Strukturen im Sinne von Hauptabteilungen und Abteilungen scheint es nach Auskunft ehemaliger SS-Richter nach dem Krieg so eigentlich gar nicht gegeben zu haben. Die entsprechenden Bezeichnungen dienten lediglich der Zuständigkeitsabgrenzung und der vorläufigen Festlegung eines Organisationsrahmens für die Zeit nach dem Krieg. Organigramm: Stand: 30. Januar 1945 Der Chef des Hauptamtes SS-Gericht: SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Franz Breithaupt Amt I (Rechtsführung und Personal) : Amtschef: SS-Oberführer und SS-Richter Dr. Günther Reinecke Hauptabteilungen: Ia (Strafrecht und Strafverfahrensrecht) SS-Sturmbannführer und SS-Richter d.R. Dr. Hans-Jürgen Bruns Ib (Zivilrecht, freiwillige Gerichtsbarkeit und Rechtsbetreuung) SS-Sturmbannführer und SS-Richter d.R. Dr. Karl Braun Ic (Gerichtsorganisation und Richterpersonalien) SS-Obersturmbannführer und SS-Richter Dr. Erich Klahre SS-Obersturmbannführer und SS-Richter Dr. Fritz Greineder Id (Technische Personalverwaltung, nichtrichterliche Personalien, Fürsorgewesen) SS-Obersturmbannführer Robert Pape SS-Obersturmführer Robert Weber Ie (Laufende Strafsachen und Rechtsfortbildung) SS-Sturmbannführer und SS-Richter d.R. Dr. Benno Heger If (Beurkundungs- und Geschäftsstellenwesen) SS-Hauptsturmführer Fritz Geike Ig (Zentrale Untersuchungsführung) SS-Obersturmbannführer und SS-Richter Kurt Mittelstädt SS- und Polizeigericht z.b.V. SS-Obersturmbannführer und SS-Richter Richard Ende SS-Sturmbannführer und SS-Richter d.R. Dr. Werner Hansen Amt II (Disziplinar- und Beschwerdewesen, Ehrenschutz): Amtschef: SS-Obersturmbannführer Eberhard Hinderfeld (bis 1.2.1945) Nachfolger: SS-Obersturmbannführer und SS-Richter Dr. Norbert Pohl (ab 1.2.1945) SS-Obersturmbannführer Franz Klebensberger Amt III (Gnadenwesen, Strafvollstreckung, Strafvollzug): Amtschef: SS-Standartenführer und SS-Richter Günther Burmeister IIIa (Gnaden- und Rehabilitierungsrecht) SS-Sturmbannführer und SS-Richter d.R. Hermann Meder IIIb (Strafvollstreckung und Strafvollzug) SS-Sturmbannführer und SS-Richter d.R. Wolfgang Walther Amt IV (Rechtserneuerung und Rechtsschulung): Amtschef: SS-Standartenführer und SS-Richter Dr. Hans-Bernhard Brauße IVa (Rechtserneuerung - gesetzgeberische Vorarbeiten) SS-Sturmbannführer und SS-Richter d.R. Wilhelm Dröschel IVb (Rechtsbetreuung - Einzelfälle) SS-Hauptsturmführer und SS-Richter d.R. Dr. Otto Nüßle IVc (Rechtsschulung und Auswertung) SS-Standartenführer und SS-Richter Dr. Hans-Bernhard Brauße IVd (Rechtsforschung) SS-Sturmbannführer und SS-Richter Dr. Otto Thorbeck Oberstes SS- und Polizeigericht: SS-Oberführer und SS-Richter Dr. Günther Reinecke Dienststelle SS-Richter beim Reichsführer-SS: SS-Oberführer und SS-Richter beim Reichsführer-SS Horst Bender Mitarbeiter / Sachbearbeiter: SS-Sturmbannführer und SS-Richter d.R. Dr. Ralf Wehser SS-Sturmbannführer und SS-Richter d.R. Friedrich Killing SS-Sturmbannführer und SS-Richter d.R. Helmut Gießelmann SS-Sturmbannführer und SS-Richter d.R. Emanuel Graf von Korff 1934 als eigene Disziplinargerichtsbarkeit der SS eingerichtet, 1939 zum Hauptamt erhobe‧nes SS-Gericht und dem Reichsführer SS direkt unterstellt. Durch Verordnung vom 17. Oktober 1939 wurde eine Sonderstrafgerichtsbarkeit der SS und Polizei eingerichtet, der auch die Angehörigen der Waffen-SS, der Polizei und ihrer Hilfsverbände sowie die Bewohner einiger besetzter Gebiete unterworfen waren 
SS- und Polizeigerichtsbarkeit 

data from the linked data cloud